Wladimir Putun wuchert mit dem, was er hat

Wirtschaftlich ist Russland nicht unbedingt ein Zwerg, hat aber auch nicht das Gewicht, das Länder wie Japan, Spanien oder Deutschland auf die Waagschale bringen. Militärisch ist man hinter den USA dank seiner Atomwaffen die Nummer zwei der Welt. Auch konventionell haben die russischen Streitkräfte ihre Strärke und militäreische Schlagkraft in den vergangenen Jahren deutlich erhöht.

Das führte dazu, dass die Führung in Moskau vor einigen Jahren im Syrienkrieg nur ein paar weitreichende Flugabwehrsysteme ins Land bringen musste, um dem Westen aktiv eine Art Flugverbotszone aufzuzwingen. Gegen sie wurde zwar energisch protestiert, doch aufgestiegen sind die westlichen Kampfjets anschließend nicht mehr.

Der Einsatz in Syrien hat der russischen Führung zweierlei gezeigt: Zunächst wurde deutlich, welchen Wert es hat, über ein starkes Militär zu verfügen. Daneben war nicht zu übersehen, dass der Westen Auseinandersetzungen, welche die Gefahr hoher Verluste mit sich bringen, meidet wie der Teufel das Weihwasser.

Erfolgreiche Strategien werden in der Regel fortgesetzt

Vorbei sind die Zeiten in denen sich amerikansiche GIs sich in Vietnam und Korea noch dem Kommunismus entgegengestellt haben oder sich deutsche und britische Truppen wähend des 1. Weltkriegs in der Schlacht an der Somme an nur einem Tag jeweils Verluste in fünfstelliger Höhe zugefügt haben. Krieg wird, wenn überhaupt, nur noch gegen deutlich unterlegene Gegner geführt und wenn es wider Erwarten schiefgeht, zieht man sich wie in Afghanistan schnell wieder zurück.

Russland zieht derzeit die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis und setzt das als Stärke ein, was es zu bieten hat: seine Armee. Die marschiert an den Grenzen der Ukraine auf und hält diese und den Rest der Welt schon Wochen in Atem. Das ist frech, selbstbewusst und auch erfolgreich, denn inzwischen hat Wladimir Putin eines seiner Ziele, nämlich vom Westen endlich als gleichberechtigter Gesprächspartner wieder ernstgenommen zu werden, erreicht.

Macht es Sinn, eine erfolgreiche Strategie aufzugegen? Nein. Macht es Sinn, sie auch in anderen Konflikten und bei anderen Zielen erneut zur Anwendung zu bringen? Ja. Egal, wie die Ukrainekrise in den nächsten Wochen weitergehen wird. Es darf damit gerechnet werden, dass sie nicht der letzte Streitpunkt ist, bei dem die Führung in Moskau ihre militäreischen Muskeln spielen lassen wird.

Das Spiel dürfte so lange fortgesetzt werden, bis erwiesene Macht auf eine erwiesene Gegenmacht getroffen ist, die ebenfalls ernstzunehmen ist.