An den Finanzmärkten folgen die Anleger einem fatalen Komplex

In Krisenzeiten steigt der US-Dollar, auch wenn es der US-Wirtschaft gerade schlecht geht. Erhöht die US-Notenbank ihre Zinsen, pflegt der US-Dollar ebenfalls zu steigen, weil er gegenüber dem brasilianischen Real oder der tschechischen Krone, aber auch gegenüber dem Euro als stabiler und damit sicherer gilt.

Derzeit kommen beide Faktoren zusammen. Der Krieg in der Ukraine treibt die Anleger verstärkt in den US-Dollar und die Anhebung der US-Zinsen, verbunden mit der Erwartung, dass diese Entwicklung noch sehr viel weiter gehen wird, lässt den US-Dollar ebenfalls ansteigen.

Ein steigender US-Dollar ist mit dem Reflex verbunden, dass die Anleger ihr Geld aus den Schwellen- und Entwicklungsländern abziehen und es im Dollarraum anlegen. Diese Entwicklung ist auch jetzt wieder zu beobachten, obwohl sie vergleichsweise wenig Sinn macht.

Macht eine Flucht ausgerechnet in die Länder, die auf die steigende Inflation noch nicht vorbereitet sind, wirklich Sinn?

Es mangelt der aktuellen Situation nicht an Ironie, denn die Anleger flüchten aus Ländern, die schon im vergangenen Jahr damit begonnen haben, deutlich auf die ersten Anzeichen einer aufkommenden Inflation zu reagieren, in jene Länder und Währungsräume deren Notenbanken damals noch glaubten, durch die angeblich nur vorübergehende Inflation hindurchschauen zu können.

So liegt der brasilianische Leitzins in der Zwischenzeit bei satten 12,5 Prozent. In Mexiko hat die Notenbank das Zinsniveau auf 6,5 Prozent angehoben und in Tschechien und Ungarn werden 5,75 bzw. 5,4 Prozent verlangt. Aber all diese Länder sind im Augenblick hoch gefährliche Zonen in den Augen der meisten Anleger, weil die US-Notenbank ihren Leitzins inzwischen schon auf 0,75 bis 1,0 Prozent angehoben hat.

Von der Eurozone wollen wir an dieser Stelle lieber nicht reden. Die Unternehmen in Brasilien, Mexiko, Tschechien und Ungarn mussten längst auf die Straffung der Zinsen in ihrem Land reagieren. Sie sind vorbereitet und haben überlebt. Den in der Eurozone angesiedelten Firmen aber auch den US-Unternehmen steht dieser schmerzhafte Anpassungsprozess noch bevor.

Trotzdem sind sie in der verdrehten Logik vieler Anleger derzeit das weitaus sicherere Investment. Das verstehe, wer will.