Deutschlands Konzerne stehen vor einem gewaltigen Problem

Die internationalen Aktienbörsen haben ihre Talfahrt Ende Oktober gestoppt und zu einer neuen Aufwärtsbewegung angesetzt. Sie verlief vor allem in der ersten Hälfte des Novembers sehr dynamisch. Die Kurse stiegen so schnell, dass viele Anleger, die von der neuen Rallye auf dem falschen Fuß erwischt wurden, gar nicht mehr hinterherkamen.

Da von der Börse gesagt wird, dass sie die wirtschaftliche Zukunft um etwa sechs Monate vorwegnimmt, scheinen wir also jede Menge Grund zu haben, uns auf ein entspanntes und wirtschaftlich aufwärts gerichtetes Jahr 2024 freuen zu können. Das ist eine mögliche Sichtweise.

Eine andere ist, dass viele DAX-Konzerne mit einem sehr unguten Gefühl auf die nächsten zwei bis drei Jahre blicken werden. Der Grund für diesen Pessimismus sind ihre Schulden. Diese sind zu hoch, denn viele Unternehmen haben es in der Phase der niedrigen Zinsen versäumt, ihre Verbindlichkeiten deutlich zu reduzieren.

Die Zeit des billigen Geldes fordert ihren Tribut

Stattdessen hat man das Gegenteil getan und die eigene Verschuldung noch mächtig ausgebaut. Heute liegt die Verschuldung der 40 im DAX vertretenen Konzerne bei rund 650 Milliarden Euro. Der Schuldenberg ist damit doppelt so hoch wie noch vor zehn Jahren. Doch es kommt für die deutsche Industrie noch schlimmer.

Besonders unangenehm an den hohen Schulden ist derzeit, dass 522 der insgesamt rund 650 Milliarden Euro aus Anleihen bestehen. Von ihnen laufen 231 Milliarden Euro, das sind immerhin 44 Prozent aller aufgenommenen Anleihen bis 2026 aus. Sie müssen also entweder vollständig zurückbezahlt oder aber zu deutlich höheren Zinssätzen refinanziert werden.

Besonders stark betroffen sind Infineon, RWE, der Autozulieferer Continental und Siemens Energy, denn ein großer Teil ihrer Anleihen wird bis 2026 fällig. So laufen allein im nächsten Jahr bei Siemens Energy Anleihen im Wert von 4,8 Milliarden Euro aus. Das ist mehr als die Hälfte der Gesamtschuld von 7,7 Milliarden Euro. Experten schätzen, dass der angeschlagene Konzern bei einer Refinanzierung deutlich mehr als fünf Prozent Zinsen wird zahlen müssen.

Damit werden nicht nur bei Siemens Energy, sondern auch bei den anderen DAX-Unternehmen, die stark gestiegenen Zinskosten sehr schnell Löcher in die Bilanz fräsen. Denn Geld, das für höhere Zinsen ausgegeben werden muss, kann nicht für Forschung und Entwicklung, auch nicht für Löhne und Gehälter und erst recht nicht für hohe Dividendenzahlungen an die Aktionäre ausgegeben werden.