Die ÖRR erziehen ihr Publikum nicht – meinen sie

Entfremdet sich der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk von seiner Zielgruppe, den Zuschauern? Den Eindruck gewinnen Beobachter zunehmend, so weit sie sich z. B. an Sprachnutzungen wie „gebärende Person“ oder „entbindende Person“ wie etwa die „Tagesschau“ in einem Beitrag stören. Gemeint waren übrigens wahrscheinlich – so ein Zufall – Frauen. ZDF-Chefredakteur Peter Frey sieht allerdings im Wirken der ÖRR keine „erzieherischen Versuche“. Der DPA gegenüber behauptete er: „Was uns unterstellt wird, nämlich dass wir in erzieherischer Absicht auf das Publikum einwirken, entspricht überhaupt nicht der Wahrheit“. Oft richtet sich die Kritik allerdings auch nicht daran, dass die ÖRR erziehen würden, sondern dass sie es versuchen würden.

Frey: Warum sollte er Sprachkonventionen der „jüngeren Frauen“ verbieten?

Frey etwa behauptet, die jüngeren Frauen, die „nach der Uni selbstverständlich ihre Sprechweise hier eingebracht“ hätten, würden die Veränderungen bewirkt haben. Er fühle sich damit auch nicht wohl, so der Chefredakteur. Aber „sollte ich das verbieten?“ In der Frage klingt die Antwort mit: Natürlich nicht. Jeder und jedem so, wie ihr oder ihm beliebt. Oder eben nicht. Zahlreiche Sprachvarianten sind in den öffentlichen Diskursen mittlerweile offenbar unbeliebter geworden. Wer darüber nachdenkt, wird etliche Beispiele finden.

Dann wäre es ja nur recht und billig, so Kritiker, wenn dies auch auf diese Praxis angewandt würde – die oben genannten Bezeichnungen und ähnliche Sprechakte sind offensichtlich im Sprachgebrauch zumindest in öffentlich-rechtlichen Programmen nicht Teil der Konvention bei den breiten Zielgruppen. Insofern wäre eine Prüfung gerade solcher Sprachsysteme – der eigenen Logik nach – wohl angezeigt. Die Vorstellung, ÖRR würden sich auch erzieherisch betätigen, ist zumindest eine interessante Deutungsvariante.