Die Deutschen werden sich an höhere Inflationsraten gewöhnen müssen

Es war ein Drama mit Ansage, denn die vorab gemeldeten Zahlen hatten bereits angedeutet, was nun durch die endgültigen Zahlen bestätigt wurde: Die Inflationsrate lag im Oktober in Deutschland bei hohen 4,5 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch mit.

Auch der weitere Anstieg der Teuerung im Vergleich zum September um 0,5 Prozent, den die vorläufigen Zahlen bereits angedeutet hatten, wurde bestätigt. Nicht geändert hat sich auch die Ansicht der Statistiker, dass eine Reihe temporärer Sondereffekte für den Anstieg der Inflationsrate verantwortlich sei.

Diese Aussage suggeriert, das das Gespenst der Inflation auch so schnell wieder gehen könnte, wie es in diesem Jahr gekommen ist. Dies ist nicht zu erwarten, denn die viel beschworenen Sondereffekte ändern nichts daran, dass derzeit in vielen Branchen und Produktbereichen eine recht hohe Nachfrage auf ein vergleichsweise begrenztes Angebot trifft.

Die Tarifverhandlungen in 2022 werden entscheidend sein

Natürlich wirkte die zeitweilige Absenkung der Mehrwertsteuer im zweiten Halbjahr 2020 auf die Preise zunächst dämpfend und in diesem Jahr steigend. Doch die Lieferengpässe haben mit den Steuersätzen herzlich wenig zu tun. Dafür hängen sie umso mehr mit der noch immer nicht ganz überwundenen Corona-Pandemie zusammen.

Solange sie und die mit ihr einhergehende Verunsicherung anhält, werden viele Arbeitnehmer, die aktuell in ihren Jobs fehlen, wie zum Beispiel die Lastwagenfahrer oder Seeleute, nicht zurückkehren. Ebenso werden auf Seite der Unternehmen auch weiterhin Investitionen in den Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten eher gestoppt und zurückgestellt als mit Nachdruck forciert.

Die CO2-Abgabe, die zu Beginn des Jahres eingeführt wurde, verteuert Strom und Gas nicht nur in diesem Jahr. Sie wird bleiben. Auch die Preise für Benzin und Heizöl werden tendenziell eher hoch bleiben, solange die Energiekonzerne sich mit Blick auf die Energiewende mit Investitionen zurückhalten.

Da die Kosten für fast alles auch in den kommenden Monaten hoch bleiben werden, haben die Arbeitnehmer wenig Grund, sich bei den Tarifverhandlungen im nächsten Jahr zurückzuhalten. Noch ist die von vielen befürchtete Lohn-Preis-Spirale nicht angesprungen, doch das neue Jahr könnte an dieser Stelle eine weitere Wende bringen, die weder den Statistikern von Destatis, noch der Politik und schon gar nicht der Europäischen Zentralbank gefallen wird.