Wenn der Kaiser nackt ist, jeder es sehen könnte und keiner die bittere Wahrheit aussprechen will

In schöner Regelmäßigkeit wurde und wird auch in Zukunft in den USA über die Schuldenobergrenze gestritten. Je nach dem, welche Partei gerade den Präsidenten stellt und damit die Regierungsverantwortung trägt, sind die Rollen in dem ewig wiederkehrenden politischen Theater verteilt. Die Regierung fordert eine Anhebung der Schuldenobergrenze und die Opposition mehr Haushaltsdisziplin.

Zuletzt wurde dieses politische Theater im Frühjahr aufgeführt und es endete wie bekannt mit einer Anhebung der Schuldenobergrenze. Gleichzeitig ist damit auch schon absehbar und nur noch eine Frage der Zeit, wann die nächste Aufführung auf der politischen Tagesordnung stehen wird.

Das eigentliche Problem hinter dem politischen Hickhack wird aber fast nie angesprochen, geschweige denn angegangen. Denn der amerikanische Staat agiert so, wie es die meisten Amerikaner im Privatleben auch tun: Ist die alte Kreditkarte voll und nicht mehr weiter belastbar, wird schnell eine neue organisiert und mit dieser dann fröhlich weiter konsumiert.

Die deutsche Politik folgt dem amerikanischen Vorbild

Ein solches Vorgehen vermeidet schmerzhafte Einschnitte und Wahrheiten. So zu handeln, ist aus psychologischer Sicht somit nachvollziehbar. Förderlich ist diese Art der „Problemlösung“ jedoch nicht, denn die wahren Ursachen der Schieflage werden nicht adressiert, sondern nur gekonnt ignoriert.

Egal, ob es an dieser Stelle um die amerikanischen Konsumenten oder um die Regierung des Landes geht: Entscheidend ist an dieser Stelle nicht die Zahl der benutzten Kreditkarten, auch nicht die Höhe des noch verfügbaren Kreditrahmens, sondern allein der Saldo des eigen Bankkontos.

Ist dieses leer, können Schulden nur noch verlängert, aber niemals mehr zurückgezahlt werden. Vor dieser bitteren Wahrheit, die sowohl für den Schuldner wie für den Gläubiger gravierende Konsequenzen nach sich zieht, verschließen aber beide Seiten immer wieder gern die Augen und erfreuen sich stattdessen an einem politischen und medialen Theater, das vom eigentlichen Problem immer nur ablenkt.

Auch in Deutschland rückt dieses schwierige Thema immer wieder in den Blick. Nur nennt man es hier nicht Schuldenobergrenze, sondern vermeidet den Begriff und erschafft plötzlich aus dem Nichts „Sondervermögen“, die alles sind nur keine echten Vermögen.