EZB gefangen im Teufelskreis aus hoher Inflation und schwacher Wirtschaft

Es gibt gewiss bessere Zeiten, um an der Spitze einer großen Zentralbank zu stehen, als jene, in denen die Krisen immer zahlreicher und die Lösungswege immer problematischer werden. Insofern sind Christine Lagarde und Jerome Powell derzeit nicht zu beneiden, denn egal, was sie tun, die Folgen werden gravierend sein.

Grundsätzlich müssen sich die Notenbanken entscheiden, ob sie entweder der hohen Inflation den Kampf ansagen oder ob sie weiterhin die Wirtschaft mit billigem Geld stützen wollen. Schwere Nebenwirkungen sind im einen wie im anderen Fall zu erwarten und letztlich ist damit die Wahl zu fällen, welches Übel das geringere ist.

Die US-Notenbank hat sich bereits festgelegt. Sie will die Zinsen erhöhen und damit ein Zeichen gegen die anhaltend hohe Inflation setzen. Bei der Europäischen Zentralbank ist man noch nicht so weit. Klare Aussagen zu Zinserhöhungen und zu einem Wechsel in der Geldpolitik sind noch nicht zu vernehmen. Aber hinter den Kulissen scheint Bewegung aufzukommen.

Eine verschlossene Tür ohne den passenden Schlüssel

Das Problem der Notenbanken ist jedoch, dass sie den Schlüssel zur Lösung des Problems einerseits gar nicht in ihren Händen halten und andererseits die Zinsen auch nicht so schnell und so weit anheben können, wie es notwendig wäre, um die Inflation allein durch die Zinspolitik in den Griff zu bekommen.

Damit dies geschehen kann, müssten die Zinsen nicht nur stark angehoben werden, sondern so stark, dass das Zinsniveau um etwa 0,5 Prozentpunkte über der aktuellen Inflation liegt. Bezogen auf die Eurozone als Ganze wäre damit ein Zinsniveau von über acht Prozent erforderlich. Nimmt man den Inflationsspitzenreiter Estland als Beispiel müsste der Zinssatz sogar auf annähern 20 Prozent gesteigert werden.

Aber selbst wenn die Notenbanken weltweit so drastische Schritte ergreifen würde, bliebe die Inflation dennoch sehr hoch, denn damit die Preise sich wieder zurückbilden können, müssten auch die Auslöser für die Preissteigerungen beseitigt werden. Dazu müssten die Notenbanken das Ende aller Corona-Maßnahmen beschließen und die in den letzten Jahren gezielt herbeigeführte Verteuerung der Energiekosten als Beitrag zum Klimaschutz zurücknehmen.

Hierzu haben aber weder Jerome Powell noch Christine Lagarde das notwendige Mandat, denn hier ist ganz allein die Politik gefordert und die scheint noch nicht einmal erkannt zu haben, dass sie den Schwarzen Peter in ihren Händen hält.