Die Gefahren der Inflation sollten nicht unterschätzt werden

Jahrelang wünschte sich die Europäische Zentralbank eine höhere Inflation. Das konnte leicht den allgemeinen Eindruck erwecken, die Inflation an sich sei etwas Gutes, das man sich wünschen müsse. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, denn jede noch so kleine Inflation bringt eine Reihe von Gefahren mit sich.

Die erste betrifft die Einkommen der Menschen. Während die Inflation zu steigen beginnt, erhöhen sich diese zunächst noch nicht. Erst mit einem gewissen zeitlichen Verzug, der leicht ein ganzes Jahr umfassen kann, beginnen die Gewerkschaften zu reagieren und fordern einen Inflationsausgleich. Erst im Anschluss an diese höheren Tarifabschlüsse werden dann auch die Renten und Sozialleistungen erhöht.

Das führt dazu, dass die Realeinkommen sinken und die Menschen weniger Kaufkraft zur Verfügung haben, je später sie selbst ihre Einkommen erhöhen können oder in den Genuss von Einkommenssteigerungen kommen, die andere für sie bestimmt haben. Diese Verarmung fällt umso größer aus, je höher die Inflation ist und je später die Anpassung vorgenommen wird.

Auslandsvermögen werden entwertet und Investitionen unterbleiben

Entwertet werden auch die Sparguthaben und die Lebensversicherungsverträge. Geld, das hier angelegt ist, ist der zerstörerischen Wirkung der Inflation völlig schutzlos ausgeliefert. Dies gilt besonders dann, wenn die Zentralbank des jeweiligen Währungssystems meint, der Inflation lange Zeit tatenlos zusehen zu können.

Doch nicht nur auf nationaler Ebene findet durch die Inflation eine massive Umverteilung statt. Auch international ist diese zu beobachten. Innerhalb der Eurozone schrumpft zum Beispiel das deutsche Auslandsvermögen und auch die Bundesbank verliert über die nur nominal gesicherten Target-II-Salden bei einer Inflation knapp 88,3 Milliarden Euro, wenn die Inflation auf über sieben Prozent ansteigt.

Besonders risikoreich werden langfristige Festzinskontrakte, also Baufinanzierungen und andere langlaufende Kreditverträge mit denen Unternehmen beispielsweise ihre Investitionen finanzieren wollen. Sie stellen bei hoher Inflation sowohl für den Schuldner wie für den Gläubiger ein hohes Risiko dar. Dieses werden beide auf Dauer nicht mehr tragen wollen. Das führt dazu, dass diese Verträge nach und nach aus dem Wirtschaftsleben verschwinden werden. Mit ihnen verschwinden dann auch zu einem großen Teil die Projekte, die mit ihnen ursprünglich finanziert werden sollten.