Überlebt die EU das überhaupt?

Von der Leyen

Was als historischer Meilenstein verkauft wurde, entpuppte sich am Ende als peinliche Niederlage für den Brüsseler Machtapparat. Der EU-Gipfel Mitte Dezember sollte eigentlich zwei große Prestigeprojekte besiegeln: Zum einen die dauerhafte Abschöpfung eingefrorener russischer Vermögenswerte bei Euroclear, zum anderen die endgültige Zustimmung zum Mercosur-Abkommen. Beide Vorhaben zerfielen jedoch unter dem Widerstand einzelner Mitgliedstaaten. Doch während die öffentliche Debatte sich auf dieses sichtbare Scheitern konzentrierte, vollzog sich im Hintergrund ein Vorgang, dessen Tragweite deutlich größer sein könnte.

Unauffällig und nahezu ohne öffentliche Diskussion wurde ein Finanzkonstrukt etabliert, das den Grundpfeilern der europäischen Währungsarchitektur widerspricht. Die Europäische Union will der Ukraine in den kommenden zwei Jahren einen Kreditrahmen von rund 90 Milliarden Euro zur Verfügung stellen – zinsfrei und ohne realistische Rückzahlungsverpflichtung. Denn die Rückführung der Mittel soll nur erfolgen, falls Russland jemals Reparationszahlungen leistet. Ein Szenario, das faktisch ausgeschlossen ist.

Alles sehr teuer!

Finanziert werden soll dieses Programm über Anleihen der EU, die formal mit russischem Vermögen unterlegt sind. De facto jedoch haften die Mitgliedstaaten gemeinschaftlich. Auch wenn der Begriff vermieden wird: Es handelt sich um nichts anderes als eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Ein Prinzip, das in den europäischen Verträgen eigentlich ausgeschlossen ist.

In Berlin wird dieses Vorgehen als Erfolg verkauft. Der Kanzler betont, nationale Haushalte würden geschont, da die Finanzierung auf europäischer Ebene erfolge. Dass die EU jedoch keine eigene Steuerbasis besitzt und letztlich die Mitgliedstaaten – und damit die Bürger – für diese Schulden geradestehen, bleibt unerwähnt. Parallel dazu steigt die nationale Verschuldung weiter, allein für militärische Unterstützung der Ukraine in zweistelliger Milliardenhöhe.

Die Europäische Kommission selbst beziffert den zusätzlichen Finanzbedarf für das kommende Jahr auf über 80 Milliarden Euro, um das massive Haushaltsdefizit der Ukraine abzufedern. Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits in der Pandemie begonnen hat: Fiskalische Tabus werden Schritt für Schritt aufgeweicht.

Die langfristigen Folgen für den Euro sind absehbar. Eine Währungsunion, deren Regeln situativ ausgelegt oder ignoriert werden, verliert an Stabilität und Vertrauen. Besonders für wirtschaftlich schwächere Staaten mit ohnehin hohen Defiziten wächst das Risiko erheblicher Verwerfungen.

Geplant ist bereits die nächste Ausweitung der Hilfsprogramme. Über 135 Milliarden Euro sollen in den nächsten Jahren zusätzlich fließen. Dieses Vorgehen gleicht einem Fass ohne Boden und könnte die wirtschaftliche Substanz Europas weiter aushöhlen. Am Ende bleibt der Eindruck einer politischen Union, die ihre eigenen Regeln untergräbt – und damit genau jenes Vertrauen verspielt, auf dem sie einst aufgebaut wurde.