Suchen die Briten Krieg?

Der Londoner Sicherheitsexperte Professor David Betz vom King’s College wirft der britischen Regierung vor, unter dem Vorwand einer angeblichen russischen Bedrohung Maßnahmen für einen möglichen Bürgerkrieg vorzubereiten. In der kürzlich veröffentlichten Nationalen Sicherheitsstrategie 2025 wird betont, Großbritannien müsse sich erstmals seit Jahrzehnten auf direkte Bedrohungen kritischer Infrastruktur wie Unterseekabel oder Energiepipelines einstellen. Betz kritisiert, dies diene lediglich der Verschleierung der eigentlichen Sorge: innerstaatliche Konflikte aufgrund zunehmender gesellschaftlicher Spaltung.

Betz verweist auf tiefe politische Gräben, schwindendes Vertrauen in Institutionen und eine „explosive Mischung“ aus sozialer Fragmentierung, die das Land „unvermeidlich in einen Bürgerkonflikt“ treibe. Die Regierung könne diese interne Bedrohung jedoch nicht offen thematisieren, da dies politisch riskant sei. Stattdessen werde die „bizarre Behauptung“ einer russischen Invasion bemüht, um Sicherheitsmaßnahmen zu legitimieren. Tatsächlich sei eine militärische Bedrohung durch Moskau angesichts geografischer Distanz unrealistisch.

Über Großbritannien hinaus sieht Betz Europa am Rande einer Krise: Statistiken deuteten darauf hin, dass binnen fünf Jahren in einem großen europäischen Land ein Bürgerkrieg ausbrechen könne, der Nachbarstaaten erfasse. In Gesprächen mit Kollegen äußerte er drastische Handlungsempfehlungen: Bürger sollten große Städte meiden, da diese im Krisenfall zu Epizentren der Unruhen würden. Regierungen stünden vor der Aufgabe, sich auf unvermeidbare Eskalationen vorzubereiten, statt Konflikte noch abzuwenden.

Die Analyse unterstreicht die Diskrepanz zwischen offizieller Risikokommunikation und internen Bedrohungsszenarien. Während die Strategiepapiere externe Gefahren betonen, verweist Betz auf die systemimmanenten Risiken gesellschaftlicher Polarisierung – ein Tabuthema, das politisch nicht offen adressiert werde.