Die Mehrwertsteuer-Debatte um Restaurants: Angeblich GEGEN Reiche – tatsächlich gegen alle?

Die Gastronomie soll nach dem Willen der Berufsverbände weiterhin eine ermäßigte Mehrwertsteuer über den 31.12.2023 hinaus genießen. Die Mehrwertsteuer war zur Krisenbewältigung der Branche gesenkt worden, allerdings nur befristet. Hotels und Gastronomie sollen nach Rechtslage nun ab dem 1.1.2024 wieder 19 % abführen. Kritiker sind dagegen, die Subventionen zu verlängern. Dies würde nur die Reichen begünstigen (die weiterhin vergünstigt essen gehen können). Eine absurde Diskussion?

Fast 37,8 Milliarden Euro „Subvention“ – und dies nur für die Reichen?

Die Diskussion umfasst vor allem die Steuerausfälle eine solchen Steuererleichterung oder -reduzierung. Dies mache im kommenden Jahr gut 3,3 Mrd. Euro aus, so das Institut ZEW. Die Rechnung: „Die gegenwärtige Steuerermäßigung für Restaurants ist somit regressiv: Sie begünstigt relativ reiche und kinderlose Haushalte.“

Das Argument ist auf den ersten Blick schlüssig. Die Reichen und Kinderlosen gehen öfter ins Restaurant, weil oder wenn sie es sich leisten können. Die niedrigere MWSt. nun begünstigt sie also. Die Argumentation läuft allerdings ggf. ins Leere.

Was wäre, wenn die MWSt. wieder steigen würde? Würden die Preise einfach um dann 12 % steigen und die Menschen gingen weiter exakt so wie bisher essen – die Reichen jedenfalls und die Kinderlosen? Wohl kaum. Ökonomen sprechen bei Waren und Dienstleistungen von einer „Preissensitivität“. Wenn die Preise sich ändern, ändert sich auch das Verhalten.

Dass die Preissensitivität „null“ sei, ist in der Regel unwahrscheinlich. Ergo: Wahrscheinlich gehen auch „die“ Reichen und „die“ Kinderlosen dann weniger essen – vielleicht einfach, weil sie glauben, andernfalls zu Melkkühen zu werden. Vielleicht gehen sie dann auch in günstigere Restaurants, wechseln also die Anbieter. Schon wären die hochwertigen Anbieter diejenigen, die in die berühmte Röhre schauen. Und schon würden die Preise sinken – ergo: Plötzlich müssten die Restaurants faktisch ihre Absolutmargen senken. Sie verdienen pro Mahlzeit oder Getränk dann einfach weniger.

Nicht genaues weiß man nicht, dies wäre schlicht – bei Entscheidungen in beide Richtungen – ein Experiment. „Studien“, die exakt berechnen wollen, wie viel Geld der Staat bei weiteren „Subventionen“ verliert, sind wiederum nicht exakt – weil niemand zwei Parallelversuche unternehmen kann. Es handelt sich um Modellberechnungen. Sind diese ein guter Ratgeber für kulturelle Maßnahmen wie die Gastronomie? Was wäre, wenn die Berechnungen falsch wären und ein – weiteres – Gastronomie-Sterben einsetzte?