Neuer Entwurf des WHO für einen Pandemievertrag

Gesundheitsminister Lauterbach Portrait

Interessante Wendung der WHO nach der Welle an kritischen Vorwürfen wg. des Pandemievertrags? Es gibt jedenfalls einen neuen Entwurf, wie es nun heißt. Der Kern der Debatte zielt darauf ab, dass die WHO sich selbst mehr oder weniger die Hoheit darüber zuordnen möchte, wann eine Pandemie festzustellen ist und welche Maßnahmen sie dann festlegen möchte. Nun gibt es dazu eine interessante Änderung, die allerdings nach Auffassung von Beobachtern nicht viel weiter hilft.

„Whole-of-governent“-Ansatz – jetzt ergänzt

So meint der Analyst und Kommentator Hans Michael Rumpelt: „Der Pandemievertrag wird auch als Rahmenvertrag angesehen. Zu diesem würden dann nach und nach konkretere und weitere Regeln beschlossen. Eine solche Erweiterungsmöglichkeit ist mit Artikel 29 „Ammendments“ geschaffen.

Beim „Whole-of-governent“-Ansatz ist nun nur noch davon die Rede, dass neben den „communities“ auch andere „relevant stakeholders“ einzubeziehen sind. Der Einschub „including the private sector“ ist gestrichen worden.

Auch beim Zensurthema wurde wohl versucht die Angriffsfläche zu reduzieren. Das war auch nötig: Die bisherigen Vorschläge waren sehr einfach und plakativ auseinanderzunehmen. So ist im Revised Draft nun die Definition zu „infodemic“ entfallen worden. Im Artikel 18 ist jetzt keine Infodemie mehr. Es ist nur noch die Rede von „misinformation or disinformation“. Die werden aber nicht definiert – wo mit klar ist, dass es ein Zensurartikel bleibt. Das martialischere „combat“ wurde durch „countering“ ersetzt – aber nicht durch ein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit.“

Oder anders herum gesagt: Die WHO möchte u.a. festlegen, was wann als „Desinformation“ zu gelten hat und wie es im Idealfall – also hier sicherlich mit Blick auf die Sozialen Medien – eingeschränkt werden kann.

Wenig-demokratisch an einem solchen Verfahren ist schlicht, dass Menschen nicht einmal per Wahl an der Meinungsbildung in solchen überstaatlichen Fragen teilnehmen werden. Formal-demokratisch sieht die Bewertung anders aus. Die gängige Verteidigung dazu lautet, dass die Mitgliedstaaten selbst darüber befinden können, welche Empfehlungen sie wie umsetzen. In der SPD beispielsweise herrscht die Auffassung, dass es „bewusste Verunsicherung der Bevölkerung“ sei, wenn Menschen – Bürger und auch Publizisten – sich darüber äußerten, dass die nationale Souveränität beschnitten werden könnte. Das ist richtig und dennoch nicht vollständig. Die entsprechenden Regelungen gelten dann, wenn ein Mitgliedstaat nicht innerhalb einer Frist widerspricht. Das bedeutet aber auch, dass die Normsetzende Macht an die WHO abgegeben wurde – die Widerspruchsmöglichkeit dürfte nur einem Bruchteil der Bürgerinnen und Bürger und selbst im Parlament bekannt sein.

Neben dieser Spekulation aber gibt es eine handfeste Aussage eines deutschen WHO-Beraters dazu. Hajo Zeeb zur Diskussion um die Risikoeinstufung des RKI im März 2020 und den Druck von außen: „Das sind internationale Abstimmungen, oft auf Weltbevölkerungsniveau wie bei der WHO. Und da kann ein Land wie Deutschland nicht plötzlich sagen: Nein, wir finden das aber alles anders.“