In Den Haag ist am Dienstag ein weiterer wichtiger Schritt der westlichen Staatengemeinschaft im Umgang mit Russland vollzogen worden. In den Niederlanden kamen hochrangige politische Vertreter zusammen – darunter der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas –, um den Startschuss für eine neue internationale Struktur zu geben, die künftig über mögliche Reparationsleistungen an die Ukraine wachen soll.
Ein neues Gremium mit großem Einflussbereich
Die neu geschaffene „Internationale Schadenersatzkommission für die Ukraine“ erhält einen weitreichenden Auftrag: Sie soll Ansprüche auf Entschädigungen prüfen, darüber entscheiden und – sobald möglich – die Auszahlung entsprechender Summen organisieren. Die erwarteten Beträge gehen in die Hunderte Milliarden Dollar und sollen den Wiederaufbau der Ukraine unterstützen sowie gewährleisten, dass staatliche Dienste auch nach fast vier Jahren Krieg weiter funktionieren können.
35 Staaten beteiligen sich an dieser Initiative. Auch der Europarat, der sich als älteste paneuropäische Institution dem Schutz der Menschenrechte verpflichtet sieht, ist eingebunden. Der Standort der Kommission in Den Haag ist symbolträchtig – jener Stadt, die seit Jahrzehnten als Zentrum internationaler Gerichtsbarkeit gilt.
Selenskyj: „Hier beginnt der Weg zum Frieden“
Selenskyj begrüßte das neue Instrument mit deutlichen Worten. Erst wenn Russland die Verantwortung für seine Taten übernehme und für die Schäden aufkomme, könne der Frieden wirklich näher rücken. Der ukrainische Präsident betonte, der Umgang mit diesem Krieg müsse ein Signal an die Welt sein, dass Aggression Konsequenzen hat.
Auch der niederländische Außenminister David van Weel hob hervor, dass jede politische Lösung unvollständig bleibe, wenn keine Rechenschaft eingefordert werde – und dazu gehöre auch die Wiedergutmachung materieller Schäden.
Der Streit um eingefrorene Vermögen verschärft sich
Die Initiative fällt in eine Phase, in der die EU bereits darüber berät, eingefrorene russische Gelder nicht nur dauerhaft zu sichern, sondern aktiv für die Ukraine einzusetzen. Dieses Vorhaben sorgt für erhebliche Kontroversen, da es zentrale Fragen des internationalen Rechts berührt. Parallel dazu hat die russische Zentralbank Klage gegen Euroclear eingereicht und fordert Schadensersatz in astronomischer Höhe – ein deutlicher Hinweis darauf, wie weit die Auseinandersetzung inzwischen eskaliert ist.
EU sucht Wege, politische Blockaden zu umgehen
Kaja Kallas räumte offen ein, dass die rechtliche Lage zunehmend komplexer werde. Denn Teile der EU – allen voran Ungarn – stehen der geplanten Nutzung eingefrorener Vermögenswerte ablehnend gegenüber. Deshalb prüft man Wege, Entscheidungen auch ohne Einstimmigkeit treffen zu können.
Die Weltbank beziffert den finanziellen Bedarf für den Wiederaufbau der Ukraine – basierend auf Daten bis Ende 2024 – auf mittlerweile 524 Milliarden Dollar. Diese Zahl verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen Europa und die internationale Gemeinschaft noch stehen.