Droht die Mutter aller Schuldenkrisen?

Nouriel Roubini ist ein bekannter, aber auch umstrittener Wirtschaftswissenschaftler. Seine wiederholten Warnungen vor Krisen haben ihm den Spitznamen „Dr. Doom“ eingebracht. Ihn selbst stört diese Bezeichnung offenbar wenig, denn in einem neuen Gastbeitrag für die WirtschaftsWoche warnt der US-Ökonom vor einem toxischen Zusammenspiel aus Stagflation und Überschuldung. Ihm könnten Notenbanken und Politik am Ende nichts mehr entgegenzusetzen haben.

Gewarnt hatte Roubini bereits im April, dass aus der extrem lockeren Geld- und Fiskalpolitik in Verbindung mit negativen angebotsseitigen Erschütterungen eine Mischung aus Inflation und Rezession entstehen könnte, die sehr stark an die Stagflation der 1970er Jahre erinnert. Nun wenige Monate später kommt er nicht umhin, festzustellen, dass die Risiken noch gewachsen sind.

In den 1970er Jahren waren die Schuldenquoten der westlichen Staaten deutlich niedriger als sie es heute sind. Die Finanzkrisen begann 2007 hingegen mit einer Kreditverknappung. Heute liegen die Risiken für Nouriel Roubini jedoch auf der Seite des Angebots.

Warnsignale für eine neue Krise sind überall zu erkennen. Die hohen Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei Aktien weisen ebenso in diese Richtung wie die überzogenen Preise für Immobilien und Technologiewerte. Die Lage ist so fragil, dass eine Straffung der Geldpolitik wie im zweiten Halbjahr 2018 sofort einen Crash an den Börsen auslösen kann.

Die negativsten Aspekte von beiden Krisen sind heute gegeben

Verschlimmert wird die Lage dadurch, dass die Notenbanken sich ihrer Unabhängigkeit beraubt haben. Sie haben nun die Wahl zwischen einer massiven Schuldenkrise oder einer schweren Rezession. Insbesondere die in den vergangenen Jahren stark gestiegene Verschuldung der Schwellen- und Entwicklungsländer in ausländischen Währungen birgt die Gefahr von Zahlungsausfällen und Schuldenschnitten.

Sie sind auch für den privaten Sektor in den entwickelten Ländern zu erwarten und dürften hochgradig fremdkapitalisierte Kapitalgesellschaften empfindlich treffen. Ihre Gläubiger dürften als Erste in eine massive Schieflage geraten. Hochverschuldete Privathaushalte und die sie finanzierenden Banken werden rasch folgen.

Was immer die Notenbanken unter diesen Umständen tun, ist nach Roubinis Ansicht deshalb zum Scheitern verurteilt. Der US-Notenbank und mit ihr auch der Bank of Japan und der Europäischen Zentralbank dürfte spätestens seit dem zweiten Halbjahr 2018, als ein Crash an den Aktienmärkten die Abkehr von weiteren Zinserhöhungen erzwang, klar sein, dass sie in einer Schuldenfalle sitzen, aus der es keinen Ausweg mehr gibt.

Für Nouriel Roubini ist deshalb klar, dass die Stagflation der 1970er Jahre schon bald auf die Schuldenkrisen der Finanzkrise und der Jahre danach treffen wird. „Die Frage ist nicht ob. Sondern wann.“