Europäische Zentralbank: Wo Rauch ist, da ist auch Feuer

Würde es Christine Lagarde begrüßen und durchwinken, wenn in der Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt ab sofort alle Rauchmelder abmontiert und verschrottet würden? Vermutlich nicht, möchte sich die aktuelle Präsidentin der EZB doch sich selbst und ihren Mitarbeitern die Chance erhalten, das Weite zu suchen, falls eines Tages irgendwo im Gebäude doch einmal Feuer und Rauch aufsteigen sollte.

Diese Chance, beizeiten das Weite zu suchen, wird den Menschen in der Eurozone jedoch verwehrt, wenn es um die Geldpolitik geht. Hier werden die Rauchmelder, die Zinsen, seit Jahren nicht nur abgebaut, sondern auch ihre Funktionalität wird seit Jahren geleugnet.

Steigende Zinsen sind im wirtschaftlichen Prozess das Zeichen dafür, dass sich unter der Oberfläche Ungleichgewichte gebildet haben, sprich einzelne Schuldner Kredite aufgehäuft haben, die sie kaum mehr zu tragen vermögen. Durch den steigenden Zinssatz wird auch dem zunächst Unbeteiligten plötzlich klar, dass die Dinge nicht zum Besten stehen, denn wenn irgendwo Rauch aufsteigt, kann das Feuer nicht weit sein.

Das Signal der Gefahr wird an beide Seiten ausgesendet. Der Schuldner begreift durch die steigenden Zinsen, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Auf der anderen Seite erkennt auch der Gläubiger die Gefahr und er kann sich gut überlegen, ob er das Kreditgeschäft eingehen und damit sein Geld diesem Risiko aussetzen will.

Griechenland ist ein besserer Schuldner als die USA

Dieser warnende Mechanismus wird von der Europäischen Zentralbank bereit seit Jahren systematisch außer Kraft gesetzt. Zehnjährige Anleihen aus hochverschuldeten Staaten wie Italien und Griechenland werfen derzeit eine Rendite von knapp einem Prozent ab. Portugal muss seinen Kreditgebern nur einen Zins von 0,5 Prozent bezahlen.

Keines dieser Länder hat derzeit den Ruf eines stabilen Schuldners und dennoch zahlen alle drei deutlich weniger Zinsen als die USA. Diese müssen ihre Kreditgeber dreimal so hoch vergüten wie das deutlich kleinere Portugal. Dass hier etwas nicht stimmen kann, bemerken inzwischen auch jene EU-Bürger, die sich für wirtschafte Frage im Allgemeinen nicht so sehr interessieren.

Man merkt es daran, dass das Vertrauen in die Europäische Zentralbank schwindet. Regelmäßige Umfragen wie das „Eurobarometer“ belegen nicht erst seit der extremen Geldmengenausweitung während der Corona-Pandemie, dass das Nettovertrauen der Bürger gegenüber der EZB seit über zehn Jahren unter null liegt.

Der Euro selbst wurde von diesem Vertrauensschwund noch nicht erfasst. Er genießt immer noch ein positives Nettovertrauen. Doch auch dieses könnte schnell erodieren, wenn die Masse erst einmal feststellt, dass die Euros in der eigenen Tasche und die Zahlenkolonnen auf dem digital geführten Konto nicht mehr als heiße Luft sind, weil die ihnen gegenüberstehenden Schuldner alles andere als leistungswillig und leistungsfähig sind.