Wladimir Putins Dilemma ist, er hat die Wahl zwischen schlechten Optionen

Präsident Putin Portrait

Der 9. Mai ist in Russland traditionell der „Tag des Sieges“. Gefeiert wird der erfolgreiche Abschluss des zweiten Weltkriegs, meist mit wortreichen Reden und einer großen Militärparade. So auch gestern, obwohl es für Russland derzeit nur recht wenig zu feiern gibt und der Tag des Sieges im Jahr 2022 eher ein Tag des Krieges war.

Diesen zu beenden, hat Russlands Präsident Wladimir Putin zwar prinzipiell mehrere Möglichkeiten, doch so recht zu gefallen scheint ihm keine davon. Vielleicht hat er sich auch noch nicht endgültig festgelegt. In seiner Rede zum Tag des Sieges waren Hinweise auf eine mögliche zukünftige Entwicklung nicht enthalten. Stattdessen wurde die Entscheidung zum Krieg noch einmal gerechtfertigt und der Schritt mit allerlei Propaganda legitimiert.

Am Ende werden von dieser Rede deshalb vor allem die Leerstellen haften bleiben, also das, was nicht gesagt wurde. Weder wurde ein großartiger Sieg verkündet oder angekündigt, noch ließ die Ansprache des Präsidenten erkennen, dass eine Lösung auf dem Verhandlungsweg gesucht werden könnte.

Eine Fortsetzung des Abnutzungskriegs ist wahrscheinlich

Die Alternativen, zwischen denen Wladimir Putin zu wählen hat, sind alle nicht sehr attraktiv. Vielleicht hat es der russische Präsident deshalb vorgezogen, am Montag zu seinen weiteren Zielen zu schweigen und sowohl seine Landsleute wie auch die Weltöffentlichkeit weiter im Unklaren zu lassen.

Eine Alternative könnte darin bestehen, noch einmal eine zweite Angriffswelle zu starten und wieder gegen Kiew und die großen ukrainischen Städte vorzugehen. Dazu fehlen dem Präsidenten inzwischen allerdings das Personal und die notwendige Ausrüstung. Die Gefahr, erneut zu scheitern, ist daher groß.

Auch der Verhandlungsweg scheint derzeit für Wladimir Putin keine Lösung zu sein, denn er kommt dem Eingeständnis einer Niederlage gleich. Die Verhandlungen müssten mit der Regierung in Kiew geführt werden. Also nach russischer Lesart mit genau den „Nazis“, die man zu Beginn des Krieges aus dem Amt und dem Land vertreiben wollte.

Verhandlungen mit ihnen würden der russischen Bevölkerung signalisieren, dass eines der wichtigsten Kriegsziele trotz einer fünfstelligen Zahl von Toten nicht erreicht werden konnte. Das sieht nicht nur so aus wie eine Niederlage, sondern ist auch eine. Will Präsident Putin dieses Bild vermeiden, hat er kaum eine andere Wahl, als den Krieg weiterzuführen, auch wenn er ihn nicht mehr gewinnen kann.