Führt diese Einseitigkeit wieder ins Verderben?

In Deutschland mehren sich die Unternehmenspleiten und viele Firmen sehen sich gezwungen, sich von einem Teil ihrer Mitarbeiter zu trennen. Doch an der Börse greifen die Anleger weiterhin nach den Sternen. Neue Allzeithochs liegen in der Luft und die wirtschaftliche Realität scheint momentan nur eher am Rande zu interessieren.

Es war vor allem die Hoffnung auf eine schnelle Zinswende, welche die Aktienkurse Ende Oktober des letzten Jahres drehen und einen steilen Anstieg vollziehen ließ. Auch am Anleihen- und Devisenmarkt wurde damals auf diese Hoffnung gesetzt. Sie hat sich, wie wir inzwischen wissen, nicht bestätigt.

Die US-Notenbank geht für 2024 nur von drei kleinen Zinssenkungen von jeweils 25 Basispunkten aus und die Finanzmärkte sehen es inzwischen ebenso. Das hat dazu geführt, dass ein großer Teil der Kursbewegungen seit Ende Oktober in der Zwischenzeit wieder zurückgenommen wurde.

Nur der Aktienmarkt hat sich der Wirklichkeit verschlossen

Die meisten Finanzmärkte laufen deshalb wieder normal. Nur ein Markt hat diese Anpassung noch nicht vollzogen: der Aktienmarkt. Er klebt weiterhin knapp unter den wichtigen Hochs und hat für sich das Thema Künstliche Intelligenz neu entdeckt. Diese haben die Anleger in den vergangenen Wochen ausgiebig gefeiert.

Dass die KI unsere Welt verändern wird, steht außer Frage. Fraglich ist jedoch, ob die Gewinne der Unternehmen am Ende tatsächlich so hoch ausfallen werden, wie es die Kurse aktuell suggerieren. Hier sind Zweifel durchaus angebracht, denn in den Kursen der KI-Aktien ist bereits sehr viel Zukunftsmusik enthalten.

Wer diese Aktien als Anleger zu den heutigen Preisen kauft, wird deshalb vermutlich lange warten müssen, bis die Unternehmen tatsächlich die hohen Gewinne einfahren werden, die ihnen die Anleger heute schon unterstellen. Hinzu kommt: Das Thema Künstliche Intelligenz ist derzeit extrem dominant. Nimmt man die zehn stärksten Werte aus dem S&P500 heraus, würde der Index heute tiefer notieren als nach dem Platzen der Dotcom-Blase.

Gesund und ausgewogen ist das Ganze nicht. Das Bild erinnert vielmehr an ein Boot, in dem alle Passagiere nur auf einer Seite Platz genommen haben.