Sachsens Idee zu Superspreadern: Die Handwerker sinds

Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer hat vor kurzem mit einer recht eigenwilligen Theorie zu den Schuldigen der Virus-Verbreitung in Deutschland – am Ende glückerweise wenig – Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Kretschmer hatte als Ministerpräsident in seinem Bundeslang über Wochen im Herbst die steigenden Fallzahlen in Tschechien und den Eintrag durch Berufspendler offenbar ignoriert. Das Land reagierte mit – nichts. Viele Pendler arbeiten in Alten- und Pflegeheimen, weil sie als günstigere Alternative gelten.

Kretschmer nun machte plötzlich die Handwerksbetriebe als Quell der Verbreitung aus. Diese würden sich bei den „morgendlichen Besprechungen“ als Super-Spreader betätigen. Im Grunde ist aus dieser Sicht, so Beobachter, wahrscheinlich die ganze Wirtschaft schuld – der Mittelstand muss offensichtlich so weit als möglich weiter arbeiten, um nicht wie zahllose andere Branchen die Existenz zu verlieren.

Belege bleiben aus

Kretschmer äußerte sich in einer Video-Konferenz mit seiner Meinung. Dafür konnte er allerdings offenbar keine hinreichenden Beweise vortragen, sondern äußerte im Grunde Vermutungen.

Fraglich bleibt ohnehin, ob es überhaupt in dem Sinne „Schuldige“ gibt, dass sich die Vorstellung von „ZeroCorona“, die jetzt von einer Gruppierung vorgetragen wird, durchsetzbar wäre. Corona-Viren gibt es in dieser Gesellschaft seit vielen Jahren. Die nun besonders aggressive und folgenreiche Variante einfach auszuhungern, indem etwa der Mittelstand seine Arbeit einstellt, ist nach Meinung von Beobachtern praktisch wahnwitzig.

Rätselhaft an Kretschmers Theorie ist zudem, warum die Inzidenzzahlen in Sachsen über Wochen so viel höher lagen als in anderen Bundesländern. Gibt es einen überraschend hohen Anteil an Handwerkern in Sachsen? Sind die Sachsen auf diesem Gebiet fleißiger als andere?

Allein solche Theorien sind geeignet, Wirtschaft und Gesellschaft in diesem Land noch stärker zu reglementieren als bislang – wenn die dritte Welle kommen sollte. Effektiv weiß niemand, welchen Verlauf die Übertragung noch nimmt – Schuldige in der Wirtschaft zu suchen, ist befremdlich.