Ein Bericht der New York Times hat ein Korruptionsgeflecht offengelegt, das die Grundlage der westlichen Unterstützung für die Ukraine erschüttert. Während deutsche Steuerzahler weiter Milliarden aufbringen und die Wirtschaft unter den Folgen der Sanktionen leidet, zeigt sich ein düsteres Bild der ukrainischen Staatsführung. Demnach soll Präsident Wolodymyr Selenskyj genau jene Kontrollinstrumente systematisch geschwächt haben, die EU und USA als Voraussetzung für ihre Finanzhilfen verlangten.
Ein Klima gezielter Verantwortungslosigkeit
Die geschilderten Vorgänge wirken wie ein Musterbeispiel dafür, wie staatliche Strukturen ausgehöhlt werden können. Aufsichtsräte wurden entmachtet, kritische Fachleute kaltgestellt, Entscheidungswege absichtlich blockiert. Teilweise blieben Schlüsselpositionen über Monate leer, Verträge verschwanden in Schubladen oder wurden in letzter Minute im Sinne politischer Akteure verändert. Diese Methoden erinnern an Mechanismen, wie man sie aus gescheiterten Staaten kennt – nicht aus einem Land, das um internationale Unterstützung wirbt.
Besonders heikel: Betroffen seien zentrale Sektoren wie Energie, Atomwirtschaft und Waffenbeschaffung. Während Soldaten an der Front unter Materialproblemen leiden, sollen hohe Summen in undurchsichtigen Netzwerken versickert sein. Selbst Berichte über unbrauchbare Munition tauchen auf – erworben über Verträge, die offenbar unter massivem politischen Druck zustande kamen.
Noch irritierender als die Missstände ist der Umgang europäischer Entscheidungsträger damit. Interne Warnungen gab es offenbar längst, doch offiziell betonte man weiterhin, es gebe keinerlei Hinweise auf Fehlverwendung europäischer Gelder. Diese Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln wirft ein bezeichnendes Licht auf die EU-Bürokratie, die nach außen moralische Entschlossenheit signalisiert, während sie praktisch ein fragwürdiges System finanziert.
Der norwegische Sondergesandte Christian Syse brachte das Dilemma unbeabsichtigt auf den Punkt: Man lege Wert auf gute Regierungsführung, müsse jedoch „das Risiko akzeptieren“. Eine bemerkenswerte Aussage angesichts der Summen, um die es geht.
Die Recherchen legen nahe, dass das Aushebeln der Kontrollmechanismen kein Zufall war. Beim Netzbetreiber Ukrenergo etwa führte der Versuch des Managements, politischen Einfluss abzuwehren, am Ende zu seiner Entmachtung. Durch gezielte Besetzungen, das Offenhalten wichtiger Posten und manipulierte Abstimmungsverfahren wurde der Führungsspitze die Grundlage entzogen.
Ähnliches spielte sich beim Atomkonzern Energoatom ab, wo laut den Vorwürfen erhebliche Summen verschwanden, während der Aufsichtsrat praktisch handlungsunfähig war. Ein britischer Fachmann, der Missstände untersuchen wollte, soll resigniert erklärt haben, er habe es mit einem „Rattennest“ zu tun gehabt.
Die Enthüllungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die politischen Spannungen zwischen Europa und der neuen US-Regierung wachsen. Die transatlantische Geschlossenheit bröckelt, während gleichzeitig Proteste in den USA zunehmen. In diesem Umfeld wirkt der Korruptionsskandal wie ein zusätzlicher Funke im Pulverfass.
Ein hochrangiger amerikanischer Ex-Beamter fasste das Problem drastisch zusammen: Europa schaffe selbst das Umfeld, in dem Rückschritte bei der Korruptionsbekämpfung gedeihen. Eine bittere Diagnose für eine EU, die sich gern als moralische Vorreiterin präsentiert, gleichzeitig aber Strukturen finanziert, die grundlegende Kontrollstandards unterlaufen.