Die SPD hat sich nach Auffassung zahlreicher Beobachter in einem Personaldebakel verrannt. Frauke Brosius-Gersdorf, die von den Sozialdemokraten nominierte Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, hat ihre Bewerbung zurückgezogen – ein Rückzug, der mehr über die SPD verrät als über die Juristin selbst, heißt es bisweilen.
Kandidatin verweist auf die Ablehnung durch die Union
Offiziell begründet Brosius-Gersdorf ihren Schritt mit der „kategorischen Ablehnung“ durch die Unionsfraktion. In einer Erklärung, die der „Zeit“ vorliegt, spricht sie von „unsachlichen und diffamierenden Kampagnen“ gegen ihre Person. Auf Kritiker wirkt diese Darstellung wirkt wie ein Ablenkungsmanöver. Denn im Kern ginge es nicht um parteipolitische Grabenkämpfe, sondern um handfeste Plagiatsvorwürfe, die ihre wissenschaftlichen Arbeiten betreffen. Warum weicht die promovierte Juristin jeder inhaltlichen Auseinandersetzung aus, wenn die Vorwürfe tatsächlich haltlos wären? So die Frage. Ob sie ausweicht, ist indes umstritten. Sie übertrug die rechtlichen Schritte einer Anwaltskanzlei. Das Vorgehen ist sicherlich üblich, es ist der Kandidation nicht anzurechnen.
Die Kritik richtet sich in sozialen Medien weiterhin an die SPD. Sie inszeniere sich in dieser Affäre als Hort der Prinzipientreue. Man habe „uneingeschränkt“ hinter der Kandidatin gestanden, heißt es. Doch diese vermeintliche Loyalität entpuppe sich bei näherem Hinsehen als politischer Eigentor. Dass die Partei trotz schwerwiegender Vorwürfe an Brosius-Gersdorf festhielt, werfe die Frage auf: Geht es bei der Besetzung des höchsten deutschen Gerichts noch um Integrität – oder bloß um Machterhalt?
Brosius-Gersdorf spricht in ihrer Erklärung von „nicht absehbaren Auswirkungen auf die Demokratie“. Die Kritik daran lautet in etwa: Eine Demokratie lebt davon, dass – vermeintlich – ungeeignete Bewerber*innen nicht in Schlüsselämter gelangen. Dass Brosius-Gersdorf ihren Rückzug nun als Akt des Schutzes für andere Kandidaten darstellt, wirke nicht richtig.
Die Zusammenfassungin sozialen Medien: Nicht die „Kampagnen“ der Union haben Brosius-Gersdorf zu Fall gebracht, sondern die eigene Unfähigkeit der SPD, Personalfragen jenseits parteitaktischer Kalküle zu lösen.