Bei vielen Zeitgenossen ist derzeit eine gewissen Enttäuschung darüber zu verspüren, dass es im Ukrainekrieg noch immer nicht zu einem Waffenstillstand, geschweige denn zu einem Friedensschluss gekommen ist. So verständlich diese Enttäuschung ist, so unbegründet ist sie derzeit, denn noch sind Russland und die Ukraine von einem Friedensschluss so weit entfernt wie in den ersten Tagen des Konflikts.
Die geschichtliche Erfahrung zeigt, dass Kriege dann enden, wenn entweder eine Seite oder beide Seiten gleichermaßen militärisch, finanziell und wirtschaftlich erschöpft sind. Ist nur eine Seite erschöpft, nutzt die andere weniger erschöpfte Seite ihre momentane Überlegenheit meist dazu, in einem Siegfrieden ihre Bedingungen für einen Friedensschluss durchzusetzen.
Nur wenn beide Seite gleichermaßen erschöpft sind, kann die Bereitschaft wachsen, eigene Maximalforderungen aufzugeben und Zugeständnisse zu machen. Von diesem Zustand sind allerdings sowohl die Russland als auch die Ukraine noch weit entfernt. Deshalb scheiterte Donald Trump in den vergangenen Monaten daran, den Krieg schnell zu beenden, denn das wäre nur gelungen, wenn eine total erschöpfte Ukraine die russischen Maximalbedingungen widerspruchslos akzeptiert hätte.
Ein schneller Frieden bleibt bis auf Weiteres eine Illusion
In den Tagen nach Wladimir Putins Besuch in Alaska musste der US-Präsident durch das Beharren der russischen Seite auf ihren Maximalforderungen erkennen, dass auch Russland derzeit nicht zu einem Verständigungsfrieden bereit ist. Vor diesem Hintergrund ist derzeit relativ egal, ob die beiden Präsidenten Putin und Selenskyj sich treffen oder nicht. Wenn das Treffen nur dazu dient, bekannte Maximalforderungen noch einmal zu wiederholen, kann man sich die Veranstaltung auch schenken.
Russland hat den Krieg im Februar 2022 begonnen mit der Intention, die Ukraine zu entwaffnen, die Regierung in Kiew zu stürzen und sie durch eine neue, Russland mehr geneigte Führung zu ersetzen. An diesen Forderungen wird auch heute noch weitgehend festgehalten. Ein NATO-Beitritt der Ukraine wird ebenso abgelehnt wie weitgehende Sicherheitsgarantie durch das westliche Militärbündnis und europäische oder gar amerikanische Soldaten als Schutztruppen an der Demarkationslinie sind das Letzte, was sich die Führung im Kreml gerade wünscht.
Einzig akzeptabel wäre für Russland eine weitgehend entwaffnete und von Russland leicht zu kontrollierende und zu beeinflussende Ukraine. Das ist allerdings das Letzte, was die Ukrainer sich für ihr Land wünschen. Dafür hat man nicht drei Jahre lang Widerstand geleistet und viele Entbehrungen auf sich genommen.
Da beide Seiten sich noch nicht als militärisch besiegt betrachten und ihre jeweiligen Vorstellungen von einem zukünftigen Frieden noch so unvereinbar miteinander sind, wird der Krieg weitergehen, bis entweder beide so erschöpft sind, dass sie einem Kompromiss zustimmen oder eine Seite wirtschaftlich oder militärisch kollabiert.