Europas Energieprobleme sind struktureller Natur

Wie sich die Zeiten ändern, besonders im auf die Rettung des Klimas fokussierten Europa. Heute erscheint ausgerechnet die früher herablassend behandelte Öl- und Gasindustrie wie ein Retter in der Not, denn die Staaten der Europäischen Union steuern auf eine der größten und möglicherweise auch eine der längsten Energiekrisen ihrer Geschichte zu.

Glaubt man den Politikern und den vielen ihnen ergebenen Medien, so begann das ganze Drama um Europas Energieversorgung erst am 24. Februar 2022 und ist selbstverständlich primär eine Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Ein solches Narrativ ist bequem, denn es benennt einen klaren Schuldigen und lenkt gleichzeitig von der eigenen Verantwortung ab.

Zutreffender und der Wirklichkeit entsprechender wird das Narrativ dadurch allerdings nicht, denn die Dinge lagen in Europa schon zu einer Zeit im Argen, da hatte Wladimir Putin den Befehl zum Angriff auf das Nachbarland noch gar nicht gegeben. Dieser Punkt ist wichtig, denn Europas aktuelle Energiekrise ist vor allem eines: Sie ist struktureller Natur und damit nicht das unvorhersehbare Resultat einer politischen Entscheidung im Kreml.

Europas strukturelle Blindheit als Ausgangspunkt

Der Einfluss Russlands besteht darin, dass es mit seiner Entscheidung zum Angriff ein ohnehin schon reichlich gefülltes Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat. Damit wird auch deutlich, dass auch die Lösung des Problems keine kurzfristige und möglicherweise noch nicht einmal eine mittelfristige sein wird.

Beseelt von der Idee, Vorreiter beim Kampf gegen den Klimawandel zu sein, hat man übersehen, dass Veränderungsprozesse sich nicht über Nacht vollziehen, sondern Zeit in Anspruch nehmen. In dieser Zeit des Übergangs stehen alte und neue Lösungen einander noch gleichberechtigt gegenüber, denn sie werden beide benötigt und haben damit auch beide noch ihre Berechtigung.

Diese Gleichberechtigung wollte man den fossilen Energieträgern Öl und Gas nicht mehr zubilligen. Stattdessen wurden die Klimaziele im Eiltempo verschärft, und weil alles angeblich auch so schnell gehen würde, wurden auch die Investitionen in die Erhaltung bestehender Öl- und Gasfelder zurückgefahren und neue erst gar nicht erschlossen.

Die Quittung für diese ideologisch anmutende Einseitigkeit bekommen die Europäer aktuell präsentiert.