Provoziert die US-Notenbank einen Aktiencrash?

Sell-in-May-and-go-away“ beginnt in diesem Jahr bereits deutlich früher, denn seit gut zwei Wochen leiden die Aktienmärkte an deutlich mehr als nur einem Schnupfen. Die Kurse purzeln nicht nur, sondern einzelne Werte zerlegt es regelrecht. Der DAX-Wert Delivery Hero ist ein solcher Fall. Die Aktie des Essenslieferanten hat seit ihrem Hoch mehr als 70 Prozent ihres Werts verloren.

Auch an der Wall Street wird munter abverkauft. Sie ist in diesen Tagen wieder einmal der große Taktgeber, der auch die Börsen in Übersee in Sippenhaft nimmt und mit in die Tiefe reißt. Für viele Anleger kommt diese massive Verkaufswelle überraschend, denn bislang schienen die Börsen nicht allzu stark besorgt zu sein.

Die seit mehr als einem halben Jahr steigende Inflation bereitete den Anlegern keine ernsthaften Sorgen. Auch der Krieg in der Ukraine schien nach einem anfänglichen Schock gut verarbeitet zu werden. Die Waffen schwiegen zwar nicht und eine Lösung des Konflikts ist immer noch nicht in Sicht, doch die Kurse erholten sich seit Mitte März zum Teil deutlich.

Der Markt preist immer mehr Zinserhöhungen ein

In Europa sind die Zinsen von der Europäischen Zentralbank noch nicht angehoben worden. Anders in den USA. Dort wurde der Zinssatz von der FED zwar schon um 0,25 Prozentpunkte angehoben, doch stark gestiegen ist das Zinsniveau damit auch in den Vereinigten Staaten noch nicht.

Die Anleger an den Finanzmärkten kümmern die aktuellen Zinssätze allerdings zu jeder Zeit herzlich wenig. Was zählt und worauf gehandelt wird, sind immer die Zinserwartungen für die kommenden Monate. Hier hat sich in den letzten Wochen viel getan, denn der Markt preist inzwischen sieben Zinsschritte bis Ende Dezember ein und viele Akteure können sich sogar zehn Zinsschritte bis zum Jahresende vorstellen.

Hier wird von den Anlegern inzwischen ein Tempo von der US-Notenbank erwartet, dass die Börsen sichtlich aus dem Tritt bringt. Auch das Gold leidet unter diesen Erwartungen, denn mit ihnen ist auch die Annahme verbunden, dass der Realzins, also das, was nach Abzug der Inflation von den Zinsen übrig bleibt, stark steigen wird.