Auf die vielen Gefahren reagieren die Anleger an den Börsen bislang reichlich gelassen

Wer heute auf die Charts viele Aktien und Aktienindizes schaut, wird verwundert feststellen, dass die Tiefs Ende Februar erreicht wurden. Bei vielen Werten wurde das Tief sogar am 24. Februar, also am Tag des Beginns des russischen Angriffs auf die Ukraine, selbst ausgebildet.

Seitdem geht es wieder aufwärts. Man mag eine solche Reaktion als zynisch empfinden oder nicht. Fakt ist jedoch, dass die Börsen recht oft dazu neigen, zu steigen, wenn ein Krieg beginnt, denn dann schwindet die Unsicherheit, welche in den Tagen und Wochen zuvor die Anleger belastete.

Zu beobachten war dies beispielsweise im März 2003, als die Ölpreise bis zum Beginn des Krieges gegen den Irak stark anstiegen, während die Aktienbörsen den Rückwärtsgang eingelegt hatten. Mit dem Beginn des Krieges änderte sich das Bild schlagartig. Das Öl wurde deutlich billiger und die Aktienmärkte setzten zu einer Rallye an.

Mit der Unsicherheit wächst auch die Fallhöhe

Ein anderes Beispiel ist der 10. Mai 1940. Der Zweite Weltkrieg dauerte zu dieser Zeit bereits mehr als neun Monate an. Er hatte sich aber zu einem Sitzkrieg ohne starke militärische Aktionen entwickelt. Das änderte sich mit dem deutschen Angriff im Westen. Er wurde an der Börse in Paris zunächst mit einem Kursfeuerwerk begrüßt, obwohl Frankreich selbst zu den angegriffenen Ländern zählte.

Damals wich die Unsicherheit eines ereignislosen Sitzkrieges. Das beflügelte zunächst die Kurse. Heute ist die Lage allerdings eine andere, denn durch den russischen Angriff ist die Unsicherheit nicht kleiner, sondern eher größer geworden. Nicht nur die Frage, wann der Krieg beendet werden kann, steht nach gut sechs Wochen Kampfhandlungen immer noch unbeantwortet im Raum.

Auch die sich langfristig aus dem Krieg und den Sanktionen ergebenden Folgen kann derzeit kaum ein Anleger verlässlich abschätzen Die hohen aktuellen Kurse sind vor diesem Hintergrund zumindest als ambitioniert zu bezeichnen. Vielleicht sogar auch als hochgradig gefährlich, denn die Fallhöhe ist in den letzten Wochen nicht geringer, sondern eher noch größer geworden.