Wirtschaftsprofessor bestätigt die höhere gefühlte Inflation

Offiziell ist die Inflation in Deutschland im September auf 4,1 Prozent gestiegen. Doch viele Verbraucher beschleicht schon seit langem das Gefühl, das diese Zahl nur einen Teil der ganzen Wahrheit darstellt. Diese Einschätzung hat Gunther Schnabl, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig, in einem Gespräch mit der WirtschaftsWoche unlängst bestätigt.

Das Problem ist vor allem ein methodisches, denn viele Daten, die an dieser Stelle wichtig sind, werden entweder gar nicht oder gar nicht vollständig erhoben. Ein Unternehmen, das seine Produkte verbessert, wird dies in seiner Werbung groß herausstreichen. So können auch die Statistiker auf diese Veränderung aufmerksam werden und diese in ihre Daten einarbeiten.

Aber wie verhält es sich im anderen Fall, wenn ein Unternehmen die Qualität seines Produkts senkt oder nur die Packungsgröße reduziert, den Preis aber gleich lässt? In diesen Fällen, erklärt Professor Schnabl, werden die Unternehmen die Veränderung möglichst mit Stillschweigen übergehen und die Statistiker haben kaum die Chance, überhaupt auf sie aufmerksam zu werden.

Die Inflation im öffentlichen Bereich bleibt völlig unberücksichtigt

Inflation ist allerdings nicht nur, wenn für das Brot oder die Wurst im Supermarkt mehr Geld ausgegeben werden muss. Sie zeigt sich auch im staatlichen Bereich. Günter Schnabl verweist an dieser Stelle auf die Autobahnen. Finanziert werden sie mit dem Geld der Steuerzahler.

Doch wenn dieser heute wesentlich länger im Stau steht als vor einem oder zwei Jahren, weil vor lauter Baustellen nichts mehr geht, ist das auch eine Form von Inflation, auch wenn sie im öffentlichen Bereich bewusst nicht als solche bezeichnet wird. Eine ehrliche Statistik müsste allerdings auch diese versteckte Form der Teuerung und Leistungsminderung offen benennen.

Gleiches gilt für andere Leistungen des Staates. Auch sie werden von den gängigen Inflationsstatistiken nicht einmal im Ansatz erfasst und müssten deshalb in einem ersten Schritt zunächst in den allgemeinen Preisindex aufgenommen werden. Das beginnt bei der Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr und endet bei den Leistungen unseres Bildungssystems. Keine Inflationsstatistik erfasst, dass die Bundeswehr mit ihrem Material kaum noch aus der Garage kommt und Schule in den Jahren 2020 und 2021 über Wochen gar nicht mehr stattgefunden hat.