Inflation, Lebensmittel und: Warum noch gute Zutaten, wenn schlechte es auch tun?

Viele Produkte sehen noch so aus wie vor zehn oder 15 Jahren und schmecken auch so, doch sie sind es nicht. Denn die Hersteller haben meist nicht das Wohl ihrer Kunden, sondern die Maximierung ihres eigenen Profits im Sinn. Zwar wird in der Werbung natürlich ein ganz anderes Bild vermittelt, doch die veränderten Rezepturen sprechen eine ganz andere Sprache.

Skimpflation nennen es die Verbraucherzentralen, wenn Hersteller teure Zutaten durch preiswertere Substitute ersetzen. Weil mitunter auch die dem Produkt wirklich ihren Wert gebenden Zutaten weggelassen werden konsumieren die Verbraucher heute schlechtere Produkte als in der Vergangenheit.

Die Verbraucherzentrale Hamburg erfasst systematisch die Produkte, die von Skimpflation betroffen sind und führt sie in einer auf der eigenen Webseite abrufbaren Liste. Betroffen sind dabei nicht nur billige Produkte bei Discountern, denn die Liste liest sich wie das Who-is-who der deutschen Nahrungsmittelbranche.

https://www.vzhh.de/themen/lebensmittel-ernaehrung/einkaufsfalle-supermarkt/skimpflation-lebensmittel-von-schlechterer-qualitaet#Skimpflation-Liste

Neu ist das Phänomen Skimpflation nicht. Schon im Jahr 2018 wurde die Hamburger Verbraucherzentrale auf diese Praktiken aufmerksam, als der Hersteller Ferrero eine neue Rezeptur für den Schokoaufstrich Nutella auf den Markt brachte. Sie enthält im Vergleich zum Vorgängerprodukt weniger Kakao und dafür mehr Magermilchpulver.

Weniger Qualität zum Wohl der Verbraucher und weil diese es wünschen?

Viele Kunden werden deshalb hellhörig, wenn sie plötzlich auf Verpackungen den Hinweis auf eine „neue Rezeptur“ finden. Das Wort „neu“ ist dabei in vielen Fällen nur eine verharmlosende Umschreibung für „schlechtere“. Aber welcher Kunde würde schon ein Produkt kaufen, dass plötzlich mit dem Hinweis „schlechtere Rezeptur“ daher kommt?

Betroffen sind Markenhersteller und ihre Produkte wie beispielsweise Knorr Feinschmecker Zitronen Butter Sauce, Granini Trinkgenuss Orang, Iglo Green Cuisine Lasagne oder Jacobs 3in1 Kaffeesticks ebenso wie die Eigenmarken der Händler wie ja! Bolognese mit Hackfleisch von Rewe oder Lieblings Nuss-Nougat Creme von Netto.

Besonders dreist sind die Ausreden der Hersteller. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat einige von ihnen zusammengetragen. Sie lesen sich wie gelebte Ohrfeigen für treue Kunden: „In regelmäßigen Abständen prüfen wir die Rezepturen (…) und passen diese bei Bedarf an veränderte Konsumgewohnheiten (z.B. reduzierter Fleischkonsum) an. Die neue Rezeptur (…) hat in unseren Blindverkostungen sensorisch am besten abgeschnitten. …“. Ein Hochgenuss, nicht wahr?

Wer Sätze wie diese liest, weiß, wie es um die wahre Wertschätzung des Kunden bestellt ist: „Mit dieser Anpassung entsprechen wir dem Wunsch unserer Verbraucher nach einem weniger intensiven Schokoladengeschmack, …“. Und wenn ein Hersteller erklärt: „Wir entwickeln unser Sortiment stetig weiter, um unseren Konsumenten Geschmackserlebnisse zu bieten, die mit dem Zeitgeist gehen“, dann meint er mit dem Zeitgeist wohl nichts anderes als die maximale Gewinnmaximierung.

Die Verbraucherzentrale Hamburg weißt außerdem darauf hin, dass „Skimpflation“ nicht selten in Verbindung mit „Shrinkflation“ einhergeht. Shrinkflation meint reduzierten Füllmengen bei gleichem Preis. Mit der Kombination beider Effekte verbessern die Anbieter ihre Marge gleich doppelt: Sie sparen bei den Zutaten und verlangen umgerechnet pro 100 Gramm obendrein noch mehr Geld.