Alles nur eine Frage der Perspektive?

Test

Wir schauen heute mit einem gewissen Erschrecken auf jene archaische Kulturen, in denen Menschenopfer an der Tagesordnung waren. Die meisten von uns wenden sich mit Schauern ab, wenn sie von diesen Praktiken hören. Zu Recht, denn was muss das für eine schauerliche Gottheit sein, die man glaubt, nur durch das Opfer von Menschen beruhigen und zufriedenstellen zu können.

Direkte Menschenopfer sind zwar heute zum Glück nur die Ausnahme und meist auf kriegerische Ereignisse beschränkt, doch wenn wir genau hinschauen, werden auch heute noch Menschen kaltblütig geopfert, um irgendwelchen politischen, ideologischen oder persönlichen Zielen zu dienen.

In China sterben die Menschen nicht an Covid19, sondern viel eher an der Härte der Maßnahmen, mit denen die Behörden meinen, gegen das Virus vorgehen zu müssen. Es scheint an vielen Stellen nicht mehr um die Gesundheit der Chinesen zu gehen, sondern um die als viel wichtiger empfundene Frage, ob Staats- und Partiechef Xi Jinping, der als der geistige Vater der strikten Null-Covid-Politik gilt, das Gesicht verliert.

Das Diskutieren haben wir verlernt, das Menschenopfer offenbar noch nicht

An dieser Stelle mit dem Finger auf China zu zeigen, macht an dieser Stelle gerade für uns Deutsche nicht viel Sinn, denn bekanntlich zeigt nur ein Finger auf den vermeintlichen Grund des Übels, während mindestens drei Finger in die eigene Richtung weisen.

Deutschland bringt es beispielsweise ebenfalls nicht fertig, nüchtern und ausgewogen über den Nutzen und den Schaden der getroffenen Corona-Maßnahmen zu diskutieren. Wenn solche Diskussionen doch einmal aufkommen, laufen sie Gefahr, sehr schnell in einen modernen Glaubenskrieg abzugleiten. Das hilft vielleicht dem eigenen Ego der sich streitenden Diskussionsteilnehmer, aber ganz gewiss nicht der Masse der Bürger im Land.

Mit der Frage, wie sinnvoll die gegen Russland verhängten Sanktionen sind und wie wir am besten auf die aktuelle Gas- und Energiekrise reagieren, halten wir es ähnlich. Auch bei diesen Themen bestimmt nicht eine nüchterne Analyse des Fürs und des Widers einzelner Entscheidungen die Diskussion, sondern eine eher ideologisch anmutende Verhaltensweise. Sie ist so starr, dass ihre Vertreter auch nicht zögern, im Zweifel Menschen zu opfern.

Nicht direkt und sogleich für alle sichtbar. Aber wenn die wirtschaftlichen Existenzen,  ohne mit der Wimper zu zucken, einfach ausgelöscht werden, weil das Gas und der Strom fehlen oder für viele viel zu teuer sind, ist der Weg zum Menschenopfer nicht mehr weit, wenn gleichzeitig Maßnahmen konsequent verweigert werden, die diese Existenzvernichtung verhindern könnten. Geopfert wird dann halt den neuen Götzen unserer Zeit.