Eine ausweglose Situation: Russlands Wirtschaft hängt an der Eisenbahn und diese an der Wirtschaft

Nach den USA und China unterhält Russland das drittgrößte Eisenbahnnetz der Welt. Schon die russischen Zaren nutzten die Eisenbahn, um ihr riesiges Reich zusammen zu halten und es zu kontrollieren. An der großen Bedeutung der Eisenbahn änderte sich auch während der Sowjetunion nicht viel und das heutige Russland führt diese Tradition weiter fort.

Mangels Alternativen, auf die man ausweichen könnte, schwebt das Land ohne einen funktionierenden Schienenverkehr in der Gefahr, in eine Situation geraten zu können, die schnell unkontrollierbar wird, weil eine Masse an mittelbaren und unmittelbaren Konsequenzen gleichzeitig zu bekämpfen ist. Die russische Eisenbahn ist daher weit mehr als ein gewöhnliches Transportunternehmen. Sie ist Russlands Lebensader. Ohne sie kann das Land schlichtweg nicht dauerhaft funktionieren.

Deshalb ist es keineswegs harmlos, wenn selbst der Kreml in diesen Tagen bestätigen muss, dass eine Kommission eingesetzt wurde, deren Ziel es ist, Lösungen für die tiefgreifenden Probleme der russischen Eisenbahngesellschaft RZD zu finden. Sie ist derzeit unprofitabel und es drückte Ende Juli 2025 ein Schuldenberg von 3,3 Billionen Rubel, umgerechnet 36,6 Milliarden Euro. Er ist in der Zwischenzeit auf über vier Billionen Euro oder 44 Milliarden Euro angestiegen.

Drückende Schulden und keine echten Perspektiven

Der Anstieg der Schuldenlast um 700 Milliarden Rubel in lediglich sechs Monaten ist bereits beängstigend. Noch schwerer wirkt allerdings, dass ein Ausweg aus der Schuldenkrise kaum möglich ist, denn die russische Eisenbahn kann ihre Preise nicht erhöhen, ohne der russischen Wirtschaft, die ohnehin schon unter den hohen Zinsen im Land leidet, endgültig den Todesstoß zu versetzen.

In diesem Jahr wird die russische Bahngesellschaft 686 Milliarden Rubel allein für die Bedienung ihrer Schulden ausgeben müssen. Dadurch fehlt das Geld, um notwendige Erhaltungsmaßnahmen durchführen zu können, von Investitionen in neues Gerät und neue Strecken ganz zu schweigen.

Auch auf der Einnahmenseite lauert ein großes Problem, denn außerhalb des Militärsektors schrumpft die Wirtschaft und mit ihr schrumpft auch das von RZD zu bewältigende Transportvolumen. Schon im Jahr 2022, dem ersten Jahr des Krieges sankt das Volumen aller Transporte auf der Schiene um 3,9%. Im Jahr 2023 gab es einen weiteren leichten Rückgang um 0,2%.

Kein Ausweg aus der Krise in Sicht

Deutlich verstärkt hat sich der Abschwung jedoch in 2024 (-4,6%) und nochmals in diesem Jahr allein in den ersten neun Monaten um weitere 6,7%. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen wundert es nicht, dass die russische Eisenbahngesellschaft RZD erstmals seit fünf Jahren wieder einen Verlust von 4,4 Milliarden Rubel für die ersten neun Monate des Jahres ausweist.

Für ein hoch verschuldetes Unternehmen wie RZD ist der Zinssatz der russischen Zentralbank, der in der Spitze bis auf 21% angestiegen ist und inzwischen wieder leicht gesenkt wurde, dennoch ein Todesurteil. Vor allem deshalb, weil die eigenen Preise aufgrund der schwachen Wirtschaftslage nicht nennenswert erhöht werden können.

Die vom Kreml eingesetzt Kommission muss daher zwischen Pest und Cholera wählen. Allein das in diesem Jahr verlorene Frachtvolumen entspricht 600.000 Wagons, die leer bleiben. Würde man sie aneinanderreihen, käme ein Zug zusammen, der von Moskau bis in den fernen Osten zum Pazifik reicht. Er ist damit ein Symbol für die ausweglose Situation. Werden die Frachtraten erhöht, leidet die russische Wirtschaft noch mehr und die Mengen der transportierten Güter geht weiter zurück. Bleiben die Frachtraten jedoch niedrig, gerät die russische Eisenbahn immer stärker in den Schuldensumpf und hat für Reparaturen und neue Investitionen immer weniger Geld zur Verfügung.