Die Europäische Zentralbank (EZB) arbeitet mit Nachdruck an der Einführung eines digitalen Euro. Nach Informationen aus Finanzkreisen soll die neue Zentralbankwährung bereits 2029 starten. In Florenz beraten derzeit Notenbanker und Techniker über die konkrete Umsetzung. Doch während die technischen Konzepte Gestalt annehmen, bleiben zentrale Fragen offen – etwa zu den Kosten, zur Datensicherheit und zur Akzeptanz in der Bevölkerung.
Offiziell argumentiert die EZB, der digitale Euro solle Europas Unabhängigkeit von internationalen Zahlungsanbietern wie Visa oder Mastercard stärken. Zudem wolle man verhindern, dass China mit seinem digitalen Renminbi technologisch davoneilt. Hinter dieser Begründung steht der Wunsch, den europäischen Zahlungsverkehr strategisch zu sichern. Doch Kritiker warnen, dass das Projekt in Wahrheit tiefgreifende Folgen für die finanzielle Selbstbestimmung der Bürger haben könnte.
EZB-Direktor Piero Cipollone hatte bereits im Herbst 2024 erklärt, die Markteinführung könne „Mitte 2029“ realistisch sein – obwohl noch nicht einmal die rechtlichen Grundlagen feststehen. Das Europäische Parlament und mehrere nationale Regierungen diskutieren weiterhin über Zuständigkeiten, Datenschutz und technische Standards. Innerhalb der Europäischen Volkspartei gibt es zudem Stimmen, die privatwirtschaftliche Lösungen bevorzugen und den Eingriff der EZB skeptisch sehen.
Die Bargeldbefürchtungen liegen auf der Hand
Auch die finanziellen Belastungen werfen Fragen auf. Nach Einschätzung von Ökonomen wird die Umstellung des Bankensektors Milliarden verschlingen – für neue IT-Systeme, Sicherheitsarchitekturen und Schnittstellen. Diese Kosten würden wohl teilweise auf Unternehmen und Verbraucher übergehen. Eine detaillierte Kalkulation liegt bislang nicht vor.
Fachleute kritisieren, dass die Bevölkerung in den Entscheidungsprozess kaum eingebunden ist. Patrick Schüffel, Professor für Finanztechnologie, warnt davor, Milliarden auszugeben, ohne die Zustimmung der Bürger einzuholen. In einer Zeit sinkenden Vertrauens in europäische Institutionen könnte das den Widerstand gegen das Projekt weiter verstärken.
Besonders umstritten bleibt der Datenschutz. Jede digitale Zahlung erzeugt nachvollziehbare Daten – im Gegensatz zu Bargeld, das anonyme Transaktionen ermöglicht. Datenschützer befürchten, dass die Einführung des digitalen Euro den Weg zu umfassender Überwachung ebnen könnte. Zwar betonen EZB und EU-Kommission, Bargeld werde weiterhin verfügbar bleiben, doch viele Bürger zweifeln an der Dauerhaftigkeit dieser Zusicherung.
Die Befürchtung lautet, dass der digitale Euro langfristig schleichend das Bargeld verdrängen könnte. Damit stünde nicht nur ein traditionelles Zahlungsmittel zur Disposition, sondern auch ein Stück individueller Freiheit. Einmal etablierte Kontrollstrukturen im Zahlungsverkehr, so mahnen Kritiker, ließen sich kaum mehr rückgängig machen.