Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will die Bekämpfung der organisierten Kriminalität auf eine neue rechtliche Grundlage stellen. Nach seinen Plänen sollen Vermögenswerte künftig nur dann als rechtmäßig gelten, wenn ihre Herkunft nachweislich belegt ist. Damit würde sich die Beweislast umkehren: Nicht mehr der Staat müsste nachweisen, dass ein Vermögen aus illegalen Quellen stammt, sondern der Eigentümer müsste beweisen, dass es rechtmäßig erworben wurde.
Dobrindt spricht von einem „Paradigmenwechsel“ und einem entschlossenen Schritt gegen Clankriminalität. Kritiker sehen darin jedoch einen gefährlichen Eingriff in rechtsstaatliche Grundprinzipien. Das Vorhaben verlagert die Verantwortung vom Staat auf den Bürger und stellt damit ein jahrhundertealtes Prinzip infrage – die Unschuldsvermutung.
Unschuldsvermutung steht auf dem Spiel
Bisher galt: Erst wenn der Staat Beweise für eine Straftat vorlegt, kann Vermögen eingezogen werden. Künftig könnte die bloße Vermutung reichen, um Ermittlungen einzuleiten und Konten einzufrieren. Die Maßnahme soll angeblich gezielt gegen kriminelle Strukturen eingesetzt werden, könnte aber auch unbescholtene Bürger treffen, deren Vermögensnachweise unvollständig oder schwer zu beschaffen sind.
Juristen warnen, dass die geplante Regelung den Kern des liberalen Rechtsverständnisses gefährdet. Der Unterschied zwischen einem Staat, der Schuld beweisen muss, und einem, der Unschuld verlangt, sei grundlegend. Kritiker betonen, dass eine solche Verschiebung das Verhältnis zwischen Bürger und Staat dauerhaft verändern würde.
Beobachter ziehen historische Parallelen zu früheren Eingriffen in Eigentumsrechte. Wenn der Besitz nicht mehr durch die Rechtsordnung geschützt, sondern durch Misstrauen des Staates in Frage gestellt wird, verliert das Eigentum seinen Charakter als Grundrecht. Statt Vertrauen in den Bürger würde Kontrolle zur neuen Norm.
Die Diskussion zeigt, wie schmal der Grat zwischen Sicherheitspolitik und Grundrechtsbeschneidung ist. Was als gezielte Maßnahme gegen kriminelle Vermögensverschiebungen beginnt, könnte in der Praxis zu einem Instrument werden, das die Bürger unter Generalverdacht stellt und die Balance zwischen Freiheit und Ordnung gefährdet.