Von der Leyen-Vorwurf zu einem GPS-Angriff: War wohl nichts!

Von der Leyen

Die Schlagzeilen waren reißerisch, die Realität deutlich unspektakulärer: Wochenlang kursierte die Geschichte, der Jet von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei Ziel einer russischen GPS-Störung geworden. Nun räumt die EU-Kommission selbst ein, dass der Vorfall kaum der Rede wert war. Das Flugzeug landete sicher, von einer gefährlichen Situation kann keine Rede sein.

Anfang September berichteten zahlreiche Medien, der Regierungsjet habe beim Anflug auf den bulgarischen Flughafen Plowdiw massive Navigationsprobleme gehabt. Ein anonymer EU-Beamter erklärte gegenüber der Financial Times, das GPS-System sei „komplett ausgefallen“, der Pilot habe nur mithilfe von Papierkarten landen können. Die Geschichte verbreitete sich schnell. Sie war versehen mit Spekulationen über eine mögliche russische Einflussnahme.

EU hatte sich auch entsprechend geäußert

Auch aus der EU-Kommission kamen damals entsprechende Andeutungen. Sprecherin Arianna Podesta ließ gegenüber Politico durchblicken, man prüfe einen möglichen Zusammenhang mit „externen Störversuchen“. Damit war das Narrativ einer russischen Attacke gesetzt – noch bevor gesicherte Informationen vorlagen.

Der BSW-Abgeordnete Fabio De Masi wollte es genauer wissen und stellte offizielle Anfragen an die EU-Kommission. Die Antwort fiel nüchtern aus: GPS-Störungen seien in Teilen Osteuropas alltäglich, eine konkrete Gefährdung habe nicht bestanden. Der Pilot habe zwar kurzzeitig ein GPS-Problem gemeldet, aber dank des Instrumentenlandesystems (ILS) normal landen können. Von einem riskanten Manöver oder einer stundenlangen Warteschleife könne keine Rede sein.

Auch technische Daten widersprechen der ursprünglichen Erzählung. Der Tracking-Dienst Flightradar24 zeigte, dass der Flug lediglich neun Minuten länger dauerte als geplant. Der Transponder meldete während der gesamten Route eine stabile Signalqualität. Dies war ein Hinweis darauf, dass kein vollständiger Ausfall stattgefunden hatte.

Besonders bemerkenswert: Der Journalist der Financial Times, der die Geschichte zuerst verbreitete, befand sich selbst an Bord des Flugzeugs. Dennoch wurde der Bericht später korrigiert. Die Crux: Aus angeblich einer Stunde Kreisen wurden nachträglich 23 Minuten. Laut De Masi sei selbst diese Zeitspanne technisch nicht nachvollziehbar.

Der Politiker spricht von einem „medienpolitischen Thema“: Offenbar sei aus einem Routinevorfall eine politische Geschichte gemacht worden. Die zugespitzte Darstellung passte in ein Umfeld, in dem sicherheitspolitische Spannungen zwischen der EU und Russland ohnehin hoch sind.

Die Episode verdeutlicht, wie sensibel politische Kommunikation geworden ist. Einzelne Vorfälle können schnell überhöht und in geopolitische Erzählungen eingebettet werden. In diesem Fall trugen Medienberichte und politische Statements dazu bei, ein Bild der Bedrohung zu zeichnen, das sich im Nachhinein als haltlos erwies.

Dass einige europäische Politiker unmittelbar nach dem Vorfall schärfere Reaktionen gegenüber Russland forderten, unterstreicht, wie stark sicherheitspolitische Deutungen mittlerweile von Symbolik und öffentlicher Wahrnehmung abhängen.