In der aktuellen Klimapolitik Deutschlands sehen manche Juristen eine bedenkliche Entwicklung, die weitreichende Folgen für die individuellen Freiheitsrechte haben könnte. Einer der schärfsten Kritiker ist der Marburger Rechtswissenschaftler Sebastian Müller‑Franken, der in einer ausführlichen Analyse auf mögliche Gefahren eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2021 hinweist. Dieses Urteil verpflichtet den Staat, aktiv auf Klimaneutralität hinzuarbeiten – ein Schritt, den Müller‑Franken als tiefgreifende Verschiebung des rechtlichen Gleichgewichts zwischen Freiheit und staatlicher Steuerung interpretiert.
Nach seiner Einschätzung habe das Gericht dem Ziel des Umweltschutzes ein Gewicht verliehen, das über bisherige verfassungsrechtliche Grenzen hinausgehe. Wenn der Staat verpflichtet sei, das Land bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig klimaneutral zu machen, drohten langfristig massive Eingriffe in nahezu alle Lebensbereiche – vom Verkehr über Heizungssysteme bis hin zu industrieller Produktion. Spätestens ab 2031, so seine Warnung, könnten solche Vorgaben zunehmend restriktive Folgen für die persönliche und wirtschaftliche Handlungsfreiheit entfalten.
Kritisch sieht der Jurist auch das Konzept eines nationalen CO₂‑Budgets, das vorsieht, dass Deutschland nur eine bestimmte Menge an Treibhausgasen ausstoßen darf. Ist dieses Kontingent ausgeschöpft, müssten künftig sämtliche Emissionen staatlich genehmigt werden – ein Szenario, das Müller‑Franken als grundrechtswidrig und unvereinbar mit der freiheitlichen Verfassungsordnung bewertet.
Darüber hinaus stellt er infrage, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung getroffen hat. Einrichtungen wie das Umweltbundesamt oder der Sachverständigenrat für Umweltfragen seien nach seiner Auffassung nicht unabhängig genug, um als neutrale Instanzen zu gelten. Besonders die viel zitierte Theorie von sogenannten Kipppunkten im Klimasystem, nach der bei Überschreiten bestimmter Schwellen irreversible Schäden drohen, hält er für wissenschaftlich nicht ausreichend gesichert, um als juristische Grundlage herangezogen zu werden.
Müller‑Franken betont, dass der Schutz des Klimas zweifellos ein wichtiges Staatsziel sei, dieses jedoch nicht dazu führen dürfe, Grundrechte schrittweise auszuhöhlen. Der Staat dürfe, so seine Schlussfolgerung, die Freiheit der Bürger nicht im Namen einer globalen Rettungsmission aufgeben.