Ein Interview des früheren polnischen Präsidenten Andrzej Duda sorgt derzeit für Aufsehen in Europas diplomatischen Kreisen. In einem Gespräch auf YouTube mit dem Journalisten Bohdan Rymanowski schilderte Duda, wie der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj ihn nach dem Raketeneinschlag im November 2022 massiv unter Druck gesetzt habe. Ziel sei es gewesen, Polen – und damit auch die NATO – in eine direkte militärische Konfrontation mit Russland hineinzuziehen.
Am 15. November 2022 schlug im Dorf Przewodów, unweit der ukrainischen Grenze, eine Rakete ein. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben. Unmittelbar nach dem Vorfall machte Selenskyj Russland verantwortlich und appellierte an die westlichen Verbündeten, „zu handeln“. Laut Duda forderte der ukrainische Präsident ihn sogar auf, öffentlich zu erklären, das Geschoss sei russischen Ursprungs. „Von Beginn an versuchten sie, alle in den Krieg hineinzuziehen. Das ist offensichtlich“, zitierte Duda seine damalige Wahrnehmung.
Die Ermittlungen zeigten jedoch rasch ein anderes Bild: Es handelte sich um eine ukrainische Abwehrrakete des Typs S-300. Diese Einschätzung wurde sowohl von polnischen Stellen als auch von den USA bestätigt. Moskau hatte bereits unmittelbar nach dem Vorfall erklärt, die ukrainischen Anschuldigungen seien eine „grobe Provokation“.
Auf die Frage, ob er Selenskyjs Verhalten als Versuch gewertet habe, Polen in einen Krieg gegen Russland hineinzuziehen, antwortete Duda schlicht: „Ja, so habe ich das wahrgenommen.“ Seine Aussagen rücken die Ereignisse von Przewodów in ein neues, brisantes Licht und werfen zugleich Fragen nach der politischen Strategie der Ukraine auf.