Der chinesische Wasser-Tiger naht

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Viele von Ihnen, geschätzte Anleger, werden gespannt den Jahresauftakt erwartet haben. Man weiß ja, dass der Start oft mitentscheidend für das Endergebnis ist – das gilt auch für die Börsen. Mehr lässt sich auch nach einem knappen Monat noch nicht sagen. Denn die Nachrichtenlage ist bisher eine Fortsetzung des alten Jahres. Und alle Überlegungen werden maßgeblich bestimmt von der Omikron-Variante einerseits und der Inflations-/Zinsunsicherheit andererseits. Trotzdem: Die professionellen Strategen verbreiten immer noch Zuversicht für den Jahresverlauf.

Zu den Aktienfavoriten gehören in den Prognosen für 2022 die Schwellenländer angeführt von China. Auch deshalb ist es interessant, einen Blick auf das chinesische Horoskop zu werfen: Was hält das Jahr des „Wasser-Tigers“ bereit? Antworten liefern jetzt die Vordenker des Investment-Giganten Allianz Global Investors, denn auch im chinesischen Kalenderzyklus neigt sich das Jahr allmählich dem Ende zu. Mit Blick auf die Kapitalmarktentwicklung 2021 hat der „Metall-Büffel“ seinem Namen zweifellos alle Ehre gemacht. Die geduldigen und ausdauernden Büffel bewahren auch in unerwarteten Situationen – und davon gab es allein in Bezug auf die Entwicklung der Corona-Pandemie allerhand – einen kühlen Kopf. Das Element Metall steht als Symbol für finanzielle Chancen. Zweifellos war das abgelaufene Jahr ein einträgliches für risikobehaftete Anlageklassen wie Aktien, gestützt durch eine kräftige Erholung der Weltwirtschaft und der Unternehmensgewinne sowie durch den fortwährend ultra-lockeren Kurs der Finanz- und Geldpolitik. Was ist für den Beginn des neuen Jahres zu erwarten?

Im Hinblick auf die globalen Konjunkturperspektiven stehen die Zeichen im Jahr 2022 weiterhin auf eine anhaltende Erholung der Weltwirtschaft bei gemächlicherem, jedoch solidem Wachstum über Trend. Zwar hat das Auftreten der Omikron-Virusvariante das unsichere Pandemieumfeld weiter verkompliziert. Und gerade im ersten Quartal könnten die potenziellen negativen Auswirkungen einer neuen Welle zu spüren sein. Gleichzeitig ist jedoch die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft während früherer Episoden mit hohen Infektionsraten gestiegen. So sollten im weiteren Jahresverlauf pandemiebedingte Bremsfaktoren wie Lieferengpässe nachlassen. Die weltwirtschaftliche Expansion dürfte sich wieder durchsetzen.

Geldpolitische Normalisierung erwartet

Darüber hinaus verspricht das Jahr 2022 nicht nur nach Einschätzung von Allianz Global Investors ein Jahr der geldpolitischen Normalisierung zu werden. Die Geldpolitik bleibt insgesamt weltweit locker. Allerdings haben angesichts des anhaltenden Preisdrucks eine Reihe von Zentralbanken – darunter die US-Notenbank Fed – damit begonnen, das Narrativ einer lediglich vorübergehend erhöhten Verbraucherpreisinflation abzuschütteln. Zwar sollte die Inflation im Winterhalbjahr, nicht zuletzt dank einer voraussichtlich sinkenden Energiepreiskomponente, ihren Höhepunkt überschreiten, der zugrunde liegende Preisauftrieb dürfte jedoch höher ausfallen als vor Ausbruch der Krise. Die Konsequenz: Mehr und mehr Zentralbanken könnten – wie zuletzt die Fed – eine beschleunigte Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik signalisieren. Sei es in Form endender Wertpapierkaufprogramme und/oder höherer Leitzinsen. Für sich genommen übt dies weiterhin einen moderaten Renditeaufwärtsdruck an den Rentenmärkten aus. Die Gretchenfrage: Wird eine (noch) zügigere Verschärfung der breiten Finanzierungsbedingungen notwendig sein, um sich gegen mittelfristige Inflationsrisiken zu stemmen?

Auch die Politik verspricht Spannung

Auch in (geo-)politischer Hinsicht dürfte kaum Langeweile aufkommen. So richten sich im ersten Halbjahr 2022 viele Augen auf die französischen Präsidentschafts- (April) und Parlamentswahlen (Juni), während im Herbst die brasilianischen Präsidentschaftswahlen (Oktober), Zwischenwahlen in den USA (November) und der 20. Nationale Parteikongress in China anstehen. Nicht auszuschließen, dass die Rivalität der zwei Supermächte USA und China in diesem Umfeld wieder aufflammt. Nicht zu vergessen die aktuellen Brennpunkte im Osten (Ukraine, Kasachstan). Gerade die (geo-)politische Ereignisrisiken können immer wieder für ein schwankungsreicheres Marktumfeld sorgen. Dabei gilt: Je unerwarteter die Schlagzeilen, die auf die Märkte niederprasseln, desto mehr Kursschwankungen sind zu umschiffen – und desto mehr Chancen bieten sich für einen aktiven Anlagestil.

Fazit der Allianz-Strategen, das ich gerne unterstreiche: Gut nur, dass das am 1. Februar 2022 beginnende chinesische Kalenderjahr unter dem Zeichen des Wasser-Tigers steht: Unerschrocken und voller Tatendrang navigiert der Tiger selbst durch unvorhergesehenes Terrain, während das Element Wasser gleichermaßen Bewegung und Beständigkeit symbolisiert.

Tiger-Jahr mit viel Bewegung

An anderer Stelle lese ich außerdem: Das Tiger-Jahr gilt als unberechenbares Jahr mit extremen Höhen und Tiefen. Jetzt hilft Sinn für Humor, denn es geht drunter und drüber: Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten, Gewinne und Verluste, unüberlegte und vorschnelle Entscheidungen können uns nun das Leben schwer machen. Andererseits kann jetzt vieles wieder in Bewegung kommen, das lange auf Eis lag, das aussichtslos erschien oder mit dem man nicht weiterkam. Neue große Ideen und bedeutende Veränderungen können jetzt umgesetzt werden.