Die politische Lage in Deutschland könnte in Kürze vor einer erheblichen Belastungsprobe stehen. Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags bereitet eine Entscheidung vor, die das aktuelle Kräfteverhältnis im Parlament maßgeblich beeinflussen könnte. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) möglicherweise nachträglich Anspruch auf den Einzug in den Bundestag erheben kann. Eine solche Entwicklung hätte direkte Auswirkungen auf die derzeitige Mehrheit von CDU/CSU und SPD.
Frage, ob neu ausgezählt wird
Nach einem Bericht des „Stern“ soll die entsprechende Sitzung bereits in der kommenden Woche stattfinden. Hintergrund ist die knappe Distanz des BSW zur Fünf-Prozent-Hürde: Nach dem amtlichen Endergebnis trennte die Partei lediglich rund 9.500 Stimmen vom Bundestagseinzug. Angesichts von über 60 Millionen Wahlberechtigten erscheint diese Differenz gering genug, um eine erneute Überprüfung zu rechtfertigen. Offizielle Bestätigungen wurden vom Büro des Ausschussvorsitzenden Macit Karaahmetoglu (SPD) bislang jedoch nicht abgegeben.
Der neunköpfige Ausschuss setzt sich entsprechend der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse zusammen: Drei Mitglieder gehören der CDU/CSU an, zwei der SPD, zwei der AfD sowie jeweils eines den Grünen und der Linken. Damit verfügt die Regierungskoalition über eine Mehrheit, die eine erneute Auszählung verhindern könnte.
Auffällig ist die Haltung der AfD. Der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Brandner kündigte an, seine Fraktion werde eine Neuauszählung befürworten. Angesichts des knappen Abstandes seien Klarheit und Transparenz notwendig, erklärte Brandner dem „Stern“.
BSW-Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht kritisiert hingegen die bislang ausgebliebene Entscheidung und spricht von einer Verzögerung, die dem Bundesverfassungsgericht zuwiderlaufe. Sie wirft sowohl Regierungs- als auch Oppositionsparteien vor, den Prozess zu behindern.
Für CDU/CSU und SPD hätte ein nachträglicher Einzug des BSW erhebliche Folgen. Die Mehrheit der Großen Koalition wäre gefährdet, mögliche Alternativen reichten von einer Koalitionserweiterung über eine Minderheitsregierung bis hin zu vorgezogenen Neuwahlen.