Die Diskussion um die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit energetischer Gebäudesanierungen hat neue Schärfe gewonnen. Vertreter der deutschen Wohnungswirtschaft äußern Zweifel an der bisherigen Klimapolitik im Bausektor und fordern eine Neubewertung der bisherigen Strategien.
Lars von Lackum, Vorstandsvorsitzender des Immobilienkonzerns LEG, stellte jüngst die Effektivität umfangreicher Dämmmaßnahmen infrage. Zwischen 2010 und 2022 seien in Deutschland rund 45 Milliarden Euro in Gebäudedämmung investiert worden, der Energieverbrauch der Gebäude habe sich in dieser Zeit jedoch lediglich um etwa ein Prozent verringert. Nach Einschätzung von Lackum steht der finanzielle Aufwand damit in keinem angemessenen Verhältnis zum Ergebnis.
Effekte sind nicht wirtschaftlich
Auch andere Branchenvertreter sehen Nachbesserungsbedarf. Dirk Salewski vom Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen betonte, dass zwischen politischen Zielvorgaben und praktischer Umsetzung ein erheblicher Abstand bestehe. Deutschland habe sich durch zahlreiche Bauvorschriften und Regularien in eine Situation manövriert, die kostengünstiges und zugleich effizientes Bauen erschwere.
Die hohen Baukosten belegen das Ausmaß der Belastung. In deutschen Großstädten liegen die durchschnittlichen Baukosten bei rund 4.473 Euro pro Quadratmeter. Eine umfassende Dämmung eines fünfgeschossigen Mehrfamilienhauses kann über 110.000 Euro kosten. Nach Einschätzung der Branche werden diese Ausgaben letztlich auf die Mieter umgelegt, wodurch die Wohnkosten weiter steigen.
Hinzu kommen steigende Heiz- und Energiekosten. Für eine 70-Quadratmeter-Wohnung wird 2025 mit durchschnittlichen Heizkosten von rund 1.180 Euro gerechnet – ein Anstieg um etwa 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neben den Energiepreisen treiben auch CO₂-Abgaben und Netzgebühren die Kosten in die Höhe.
Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie wies außerdem auf technische Probleme hin, die mit immer dichteren Gebäuden entstehen. Je stärker ein Haus gedämmt werde, desto aufwendiger müsse die Lüftungs- und Klimatechnik gestaltet sein. Das führe zu zusätzlichen Investitionen und Wartungskosten und erhöhe die Komplexität des Wohnens.
Die Wohnungswirtschaft fordert nun eine Neubewertung der Förderpolitik und der gesetzlichen Vorgaben. Ziel müsse es sein, ökologisch sinnvolle Maßnahmen mit wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu verbinden und dabei bezahlbaren Wohnraum nicht aus den Augen zu verlieren.