Trotz Erholung am Dienstag: Evergrande wird die internationalen Börsen noch länger in Atem halten

Der in die Krise geraten Immobilienentwickler Evergrande bestimmt derzeit nicht nur in China die Schlagzeilen in den Finanz- und Wirtschaftsmedien. Auch an den internationalen Börsen waren der mögliche Konkurs des Unternehmens und seine Folgen am Montag das beherrschende Thema unter den Anlegern.

Auf breiter Front gaben die Aktienkurse nicht nur der Immobilienentwickler oder der chinesischen Aktien nach. Schnäppchenjäger griffen am Dienstag wieder zu und ließen die Notierungen deutlich steigen, was dazu führte, dass sich die Kurse einiger unter Druck geratener Immobilienunternehmen aus dem Reich der Mitte an der Börse in Hongkong am Dienstag zweistellig erholten.

Eine Erholungsrallye beseitigt allerdings noch nicht die tieferliegenden Probleme. Sie könnten schnell wieder die Tagesordnung der Anleger bestimmen, denn Evergrande muss in dieser Woche Zinszahlungen leisten. Ob diese tatsächlich geleistet werden können, lässt sich derzeit von außen kaum abschätzen.

Wird die Bonität der Schuldner wieder zu einem wichtigen Kriterium?

Kann das Unternehmen die ausstehenden Zinsen auch in den kommenden 30 Tagen nicht bezahlen, fallen die Anleihen offiziell aus. Über ein derartiges Faktum werden die Kapitalmärkte kaum dauerhaft hinwegsehen können. Zu groß ist der chinesische Immobilienmarkt und zu stark sind auch die staatlich kontrollierten Banken betroffen.

Sie haben den rasanten Aufschwung in den vergangenen drei Jahrzehnten mit ihren Krediten finanziert. Dass die Kreditinstitute selbst in massive Schwierigkeiten geraten, ist derzeit nicht zu erwarten. Der Blick der Anleger könnte angestoßen durch diese Entwicklung allerdings ganz allgemein auf das Schuldenproblem gelenkt werden.

Das billige Geld der Notenbanken hat überall auf der Welt zu viele Menschen dazu veranlasst, sich zu hoch zu verschulden. Stellen zunächst die Kapitalmärkte und später auch die Banken die Frage nach der Bonität der Schuldner wieder stärker in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, könnten all jene Unternehmen und Haushalte unter Druck kommen, deren Schuldenlast als zu hoch empfunden wird.

Das wird auch sie dazu veranlassen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die privaten Haushalte werden ihre Ausgaben reduzieren und statt zu konsumieren, lieber ihre Schulden bedienen. Ähnlich werden überschuldete Unternehmen vorgehen. Auch sie werden ihre Kosten senken und Mitarbeiter entlassen. Dadurch entsteht auch bei diesen ein starker finanzieller Druck. Weitet sich dieser zu stark aus, dürfte die Wirtschaft auf breiter Front leiden und möglicherweise in eine neue Rezession abgleiten.