Stolpern die Billigflieger über ihren eigenen Erfolg?

Während die Klimaschützer sich über den reduzierten Flugverkehr während der Corona-Krise eher freuen, kann das Management der Fluggesellschaften die eigenen Maschinen gar nicht oft genug starten und landen sehen, denn mit jedem Flug, der gut ausgelastet ist, kommt weiteres Geld in die eigenen Kassen.

Dieser Interessenskonflikt wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen, denn die Luftfahrtbranche denkt nicht etwa über eine Reduktion ihrer Kapazitäten nach, sondern erhöht diese. Eine führende Rolle nehmen dabei die Billigflieger ein. Sie wollen schon in diesem Jahr wieder ihr Flugaufkommen aus dem Jahr 2019 erreichen.

In der aktuellen Lage können insbesondere die Billigflieger ihren Vorsprung gegenüber den etablierten Gesellschaften weiter ausbauen, weil sie ausschließlich jenen Bereich des Flugverkehrs bedienen, der aktuell schon wieder funktioniert: Innereuropäische Nonstop-Flüge, die zu einem erschwinglichen Preis hauptsächlich für Urlauber und andere Privatreisenden angeboten werden.

Hochfliegende Wachstumspläne

Doch das ist vielen Gesellschaften nicht genug. Sie planen, die eigene Expansion weiter voranzutreiben. Easyjet beispielsweise will sich im Feriengeschäft vergrößern. Das Angebot für Flüge nach Griechenland soll im Vergleich zu 2019 um ein Viertel steigen. Die Zahl der Flüge auf die Kanaren und in die Türkei soll um ein Drittel steigen. Einen Anstieg vor 675 Prozent sollen die Flüge nach Ägypten vollziehen, das bislang nur eine Nebenrolle im Easyjet-Flugplan gespielt hat.

Die ungarische Fluglinie Wizz Air hat kürzlich einen großen Teil der ehemaligen Startrechte des skandinavischen Billigfliegers Norwegian übernommen. Auch Ryanair wird sein Flugangebot deutlich ausweiten. Damit droht ein Preiskampf bei den Tickets, denn in den kommenden Jahren werden zahlreiche neue Flugzeuge in Dienst gestellt werden. Sie müssen anschließend auch ausgelastet sein.

Zwar ist die Zahl der in Europa aktiven Flugzeuge im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2019 während der Pandemie deutlich gesunken. Doch die meisten Flieger wurden nur abgestellt, nicht verschrottet. Sie dürften deshalb wieder auf den Markt zurückkommen, sobald sich die Lage normalisiert. Nur 466 von rund 3.800 Flugzeugen wurden in den vergangenen Monaten tatsächlich verschrottet. Das entspricht gerade einmal einem Anteil von zwölf Prozent.

Gebürstet auf grenzenloses Wachstum?

Gleichzeitig wurden in den Jahren 2020 und 2021 jedoch 567 neue Flugzeuge in Dienst gestellt und bis zum Sommer werden Boeing und Airbus weitere 177 Flieger an die Airlines ausliefern. Weitere 235 Maschinen sind bestellt und werden in den kommenden zwei Jahren ausgeliefert. Diese muss der Markt erst einmal verkraften.

Auffällig ist dabei, dass sich die Zuwächse nicht gleichmäßig verteilen, sondern einzelne Gesellschaften besonders stark wachsen. Ryanair wird im Jahr 2024 über 629 Flugzeuge verfügen und damit seinen Bestand von 2019 um gut ein Drittel gesteigert haben. Die ungarische Wizz Air wird noch stärker zulegen. Sie wird die Zahl ihrer Flugzeuge auf 228 steigern und damit fast eine Verdopplung erreichen.