Jo Bidens neues Infrastrukturprogramm: Ebenso notwendig wie gefährlich

Die USA haben in den vergangenen Jahrzehnten an vielen Stellen von der Substanz gelebt und notwendige Reparaturen und Neubauten in die Zukunft verschoben. Das rächt sich jetzt, denn zahlreiche Brücken sind marode, die Elektrizitätsversorgung bricht immer wieder mal zusammen und die die Straßen weisen viele Schlaglöcher auf.

Bekannt war das Problem schon lange. Aber es brannte den entscheidenden Politikern in Washington nicht ganz so stark unter den Nägeln wie aktuell. Die Folge war eine gegenseitige Blockadepolitik von Demokraten und Republikanern im Kongress. Mit ihr wurden an sich sinnvolle Maßnahmen auf dem Altar parteipolitischer Kämpfe geopfert.

Dem neuen US-Präsidenten Jo Biden ist es in den letzten Monaten gelungen, die Republikaner zur Zustimmung zu den geplanten Maßnahmen zu bewegen. Dies war allerdings weniger neuen Argumenten zu verdanken, sondern eher der Einsicht aller Senatoren und Kongressabgeordneter, dass es zunehmend schwerer werden wird, den eigenen Wählern zu vermitteln, warum sie auch weiterhin über marode Brücken von einem Schlagloch zum anderen fahren sollen.

Ein Programm zur Unzeit?

Obwohl die zahlreichen Maßnahmen seit Jahren überfällig sind, könnte ihnen schon bald bescheinigt werden, dass das Programm zur Unzeit aufgelegt worden ist, denn die mit den Maßnahmen verbundenen Ausgaben werden zu einer Zeit getätigt, in der die US-Wirtschaft die Corona-Krise hinter sich lässt und wieder kräftig wächst.

Ein ohnehin sehr starkes Wirtschaftswachstum erfährt durch das staatliche Programm damit einen weiteren Schub, den es aus rein wirtschaftlichen Überlegungen eigentlich nicht bedarf. Sinnvoller wäre es, die Maßnahmen dann beginnen zu lassen, wenn sich die Wirtschaft wieder abschwächt. In diesem Fall könnten sie als Konjunkturspritze wirken.

So lange zu warten, würde aber bedeuten, die Fehler der vergangenen Jahrzehnte zu konservieren und einen unhaltbaren technischen Zustand über Gebühr zu verlängern. Das kann allerdings auch nicht im Interesse der US-Wirtschaft und der amerikanischen Bürger sein.

In dieser Zwickmühle gefangen beinhaltet das in diesen Wochen angestoßene Infrastrukturprogramm allerdings die Gefahr, dass es zu einer Überhitzung der Wirtschaft und in ihrer Folge zu einer erheblichen Inflation beitragen wird. Erste Anzeichen, die auf eine entsprechende Entwicklung hindeuten, sind bereits am Horizont zu erkennen.