Mathematiker: Investments in extrem teure Maßnahmen führen zum Tod an anderer Stelle

Die Diskussion um die nächsten Lockdowns in verschiedenen Ländern hält an. Die „Welt“ hat nun den Mathematiker Georg Marckmann dazu befragt. Der wiederum beschäftigt sich mit den Kosten und Nutzen von Maßnahmen und greift damit eine Diskussion auf, die seit längerer Zeit in der Gesellschaft geführt wird.

Preise für Lebensjahre

Es wird in den Ohren zahlreicher Menschen sicherlich zynisch klingen, aber Mathematiker dieser Fachrichtung bepreisen auch den Wert von Lebensjahren. Marckmann etwa erwähnt die Preise in Großbritannien. Dort würde jedes neu hinzugewonnene Lebensjahr einen Preis von 35.000 Pfund bedeuten. Wenn ein Patient zwei Jahre ohne Einschränkungen leben würde, dann wäre dementsprechend ein Betrag von 70.000 Pfund anzusetzen. Das heißt, die Behandlung dürfe entsprechend nur maximal diesen Betrag kosten, um aus ökonomischer Sicht gerechtfertigt zu sein.

In den USA würde ein Wert von 50.000 Dollar angenommen. Ob dies auch in der Corona-Zeit der Fall gewesen wäre, könne er nicht beurteilen. Die Briten jedenfalls würden „regelhaft“ die Kosten von Gesundheitsleistungen kontrollieren.

Demgegenüber setzt sich Deutschland dem Interview nach offenbar keine „Limits“. So wird die Testung in Hessen zitiert: Vor den Ferien seien gut 1,1 Millionen Schüler pro Woche getestet worden und hätten eine Gesamtzahl von 34 positiv getesteten Kindern gebracht. Dies wären 176.000 Euro pro Fall.

Marckmann hält dies für verhältnismäßig, wenn klar wäre, dass hinreichend viele schwere Erkrankungen und Todesfälle verhindert werden könnten. Das Geld in Schulen sei nach allem, was man wisse, eher keine vernünftige Investition gewesen.

Grund für diese Herangehensweise – Kosten und Nutzen zu beurteilen -, sei die Knappheit der Ressourcen. Was an einer Stelle ausgegeben wird, kann an anderer Stelle nicht eingesetzt werden. Demzufolge wäre auch der Kurs in Deutschland zu beurteilen. Es habe sehr hohe Folgekosten gegeben.

Er würde aus seiner Sicht daran zweifeln, ob hier ein vernünftiges Verhältnis zum Nutzen gegeben sei. Anfangs habe es zu wenig Alternativen zum Lockdown gegeben, in der zweiten oder dritten Welle jedoch wäre dies möglich gewesen. So seien die indirekten negativen Folgen gleichfalls geeignet gewesen.

Er betonte, wenn es tatsächlich so wäre, dass die Finanzen bei den Menschenleben in Deutschland keine Rolle spielen würden, müsse die Gesellschaft viel mehr gegen ökonomische und soziale Ungleichheiten unternehmen. So würden reiche Männer im Durchschnitt zehn Jahre länger leben als ärmere.