Die andere Seite der Wahrheit zur Klimaneutralität: Weniger verbrauchen

Deutschland, die EU und weite Teile der Welt wollen so weit als möglich CO-2-klimaneutral werden. Im Zuge dieser Vorstellung werden nun große Anstrengungen unternommen, um vermeintlich schlechte Energie durch gute Energie zu ersetzen. E-Mobilität ist in diesem Sinne in der Wahrnehmung oder in der Berechnung klimaneutraler als die Nutzung von Verbrennermotoren. Wer es sich leisten kann oder darauf achtet, kann sich heute – als Unternehmen mit Zertifikaten oder als Privathaushalt – Schilder an das Revers heften, klimaneutral zu agieren – man kauft Ökostrom oder finanziert den Ökostrom, der anderweitig hergestellt wird.

Die Deutsche Bahn geht so vor, indem sie den Anteil ausweist, den sie auf den Schienen verbraucht und darauf verweist, sie sei klimaneutral. Mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs der Deutschen Bahn entsteht allerdings dadurch, dass die Bahn überhaupt da ist und Bahnhöfe betreibt, ihre Infrastruktur versorgt etc. – selbst, wenn die Züge nicht fahren würden.

Kern des Problems: Verzicht ist die Lösung

Die Lösung, der die Wirtschaft und die Politik aktuell hinterherlaufen, ist eine reine Substitutionsform: Wir ersetzen die böse Energie durch gute Energie. Wo dies nicht unmittelbar gelingt, etwa bei großen Industrieunternehmen, die ihre Energie von außen beziehen, geschieht die Substitution durch den Erwerb von „Ökostrom“ für das Gesamtsystem, also die Substitution beim Energielieferanten oder -hersteller im Gesamtsystem.

Der muss dann dafür sorgen, dass irgendwo Ökostrom produziert und eingespeist wird. Diese Form der Substitution setzt aber voraus, dass die Systeme vollständig gekoppelt werden können – Windkraft also beispielsweise Energie erzeugt, die gespeichert, eventuell in einen anderen Energieträger transformiert und schließlich andernorts eingesetzt werden kann.

Die Vorstellung, Substitution und Systemkopplung ist jedoch reichlich optimistisch. Sie würde dann  in Richtung Klimaneutralität führen, wenn es nicht nur einen Zertifikathandel (oder Ökostrom-Einkauf) darstellen würde, sondern wenn

  • Es keinen oder weniger Energieverbrauch gäbe (und nicht nur eine Substitution des bestehenden Verbrauchs einer Energieart durch eine andere) und
  • Energie CO-2-neutral zur Verfügung gestellt werden kann.

Punkt eins setzt schlicht eine Verhaltensänderung voraus und eine wesentlich größere technische Effizienz, Punkt zwei die Untersuchung der Alternativen Energien, die wir vermeintlich produzieren. Die sind oft genug nicht CO-2-neutral und auch nicht effizient bezogen darauf, wenn der Wirkungsgrad einbezogen wird.

Sonne und Wind bieten sehr viel Energie – sie lässt sich allerdings nicht ohne weiteres auch nur annähernd wirtschaftlich einfangen, ohne selbst Energie dafür zu verbrauchen. Selbst wenn sie eingefangen wird, können wir sie kaum speichern. Der Abbau von Rohstoffen für Akkus sowie die Produktion derselben gelten schlicht als besonders umwelt- und energiefeindliche Prozesse.

Kurz: Die Lösung der Klimaneutralität, sofern gewünscht, ist nicht der Austausch bisheriger Energiequellen (der teuer und ineffizient wird), sondern einfach der extreme Konsum- und Mobilitätsverzicht.