Die alte 60/40-Portfoliotheorie mit 60 Prozent Aktien- und 40 Prozent Anleihenanteil in den Portfolios ging davon aus, dass Wachstum die Aktienkurse antreibt und in Phasen mit weniger Wachstum oder gar einer Rezession die 40%ige Anleihenkomponente den Depots Sicherheit und Stabilität verleiht. Mike Wilson, der Chief Investment Officer von Morgan Stanley, legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass dieses Grundprinzip nicht mehr in eine Zeit passt, in der die Inflation hoch und die Reputation der Zentralbanken fragil ist. Schwindet dann auch noch, wie es gerade am Markt zu beobachten ist, das Vertrauen der Anleger in US-Staatsanleihen, die jahrzehntelang ebenfalls als ein „sicherer Hafen“ galten, ist der traditionelle 60/40-Ansatz der Vermögensaufteilung nicht mehr zeitgemäß.
Die entscheidende Frage für die Zukunft ist nun, ob sich andere Wall-Street-Insider und US-Investmentbanken diesem Vorstoß anschließen werden. Selbst wenn dieses geschieht, wird es vermutlich nicht über Nacht geschehen, denn auch das alte 60/40-Modell benötigte einige Zeit, um sich am Markt allgemein durchzusetzen. Erkennbar ist allerdings bereits, dass Mike Wilson nicht der einsame Rufer in der Wüste ist, sondern sich auch andere Wall-Street-Größen zunehmend für das Gold aussprechen und ihm einen weitaus höheren Stellenwert zubilligen als in der Vergangenheit.
Jeffrey Gundlach von DoubleLine Capital ist eine dieser einflussreichen Stimmen. Er hat sich kürzlich ebenfalls zu Wort gemeldet und erklärt, dass er 4.000 US-Dollar für eine Feinunze Gold und eine 25 Prozent Allokation von Gold in den Depots unter den aktuellen Umständen als „nicht übertrieben” ansieht. Gundlach, der für seine vorausschauenden Marktprognosen bekannt ist, teilt damit nicht nur Mike Wilsons Bedenken, sondern ist auch bereit, dem Gold einen noch höheren Stellenwert einzuräumen als es der Chief Investment Officer von Morgan Stanley tut.
Das Gold hat in den USA immer mehr äußerst prominente Fürsprecher
Schon vor Wochen hat Ray Dalio, ein anderer in den USA sehr stark beachteter Hedgefondsmanager, öffentlich für eine größere Rolle des Goldes in den Portfolios der Anleger plädiert. Der Kreis der Fürsprecher für das gelbe Edelmetall wird damit nicht nur immer prominenter, sondern es sprechen sich in den Vereinigten Staaten gerade jene Fondsmanager für das Gold aus, die in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen haben, dass sie wissen, wie man Geld über die Jahre hinweg kontinuierlich vermehrt.
Noch ist die Masse der Anleger fraglos dem alten Konzept verhaftet. Doch vielen wird nicht allzu wohl dabei sein, mit stark gehypten Technologieaktien in eine nahende Rezession oder gar eine strukturelle Krise zu gehen. Microsoft ist mit einem KGV von 36,7 schon fast preiswert liegt aber immer noch deutlich über dem historischen Durchschnitt, NVIDIA kommt auf ein KGV von 40,35 und für Tesla-Aktien sind die Anleger derzeit bereit, den 297-fachen Jahresgewinn auf den Tisch zu legen.
So gut die „Magnificent Seven“ in den Jahren gelaufen sind. Nichts – außer der Naivität der Anleger – spricht dafür, dass es „dieses Mal anders ist“ und die Hausse ewig anhalten wird. Viel mehr ist zu erwarten, dass auch die Zusammensetzung der 60 Prozent Aktien im Portfolio sich ändern wird, wenn dem Gold in Zukunft ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt werden sollte.
Recht schnell wird den Anlegern dann auffallen, dass es neben dem physischen Gold auch noch die Goldminen gibt und diese dank des hohen Goldpreises gerade mit einem atemberaubenden Gewinnhebel arbeiten. Sollten die Gedanken von Mike Wilson, Jeffrey Gundlach und Ray Dalio in der Masse der Anleger Anklang finden, ist deshalb damit zu rechnen, dass nicht nur das Gold und in seiner Folge auch das Silber von den Investoren neu entdeckt werden, sondern auch die Aktien der Gold- und Silberproduzenten sowie die Unternehmen, die sich auf die Fahne geschrieben haben, neue Gold- und Silberliegenschaften in Produktion zu bringen.