Segen oder Fluch? Die Aktienrente kommt

Schon heute fließt ein Viertel des Bundeshaushalts als staatlicher Zuschuss in die gesetzliche Rentenversicherung. In den kommenden Jahren dürfte die Demographie das Problem weiter verschärfen und noch höhere Zuschüsse des Bundes erforderlich machen. Die eigene Vorsorge der Bürger wird damit immer wichtiger.

Um diese zu fördern, soll nun die Aktienrente als eine kapitalbasierte nicht staatliche Form der Altersvorsorge eingeführt werden. Eigentlich ein guter und sinnvoller Plan. Aber passt dieser Plan auch zur deutschen Wirklichkeit? Die Frage ist berechtigt, denn bislang haben sich die Deutschen nicht als ein Volk von Aktionären erwiesen.

Nur etwas mehr als vier Prozent der Bevölkerung halten direkte Aktienanlagen, die sie im eigenen Depot selbstständig oder mit Hilfe ihrer Bank verwalten. Rechnet man die Halter von aktiv und passiv gemanagten Investmentfonds noch hinzu, erhöht sich der Anteil der direkten und indirekten Aktionäre auf zehn bis elf Prozent, wobei die Zahlen in den Boomphasen tendenziell immer etwas höher und in Crash- und Krisenzeiten immer etwas niedriger auszufallen pflegen.

Zockerei statt Aktienkultur – das ist die Lage in Deutschland

Im Vergleich zu anderen Ländern, insbesondere zum angelsächsischen Raum, sind die Deutschen somit keine Aktionäre. Sie bevorzugen das Sparbuch und die klassische Lebensversicherung oder wenn es „etwas“ spekulativer sein soll die Zertifikate. Diese Finanzinstrumente sind aber entweder stark gefährdet durch die Inflation und bieten daher in der aktuellen Situation keinen ausreichenden Schutz oder sind hoch spekulativ.

Etwas überspitzt formuliert könnte man deshalb sagen, dass die Deutschen ihr Geld entweder unter das Kopfkissen packen oder in die Börsenspielbank tragen. An dieser Stelle könnten die klassischen Aktien eigentlich einen guten Mittelweg darstellen. Doch auch hier sind Fragen angebracht.

Denn die Aktienkultur der wenigen deutschen Aktionäre ist durchaus kritisch zu werten. Gekauft werden in der Regel nur wenige grundsolide Werte. Beliebt sind dafür Aktien wie Wirecard, ThyssenKrupp oder Delivery Hero. Wirecard ist bereits pleite und vom Börsenzettel verschwunden, ThyssenKrupp erwirtschaftet seit Jahren auch in guten Zeiten kaum Gewinne und Delivery Hero verfügt über ein Geschäftsmodell, das selbst in der Coronazeit keine hohen und stabilen Gewinne abwarf.

Und nun soll ausgerechnet die Aktienrente das deutsche Rentenproblem lösen? Solange sich an der Zockermentalität vieler Anleger nichts ändert, dürften Fragen an dieser Stelle äußerst angebracht sein.