Nur eine Normalisierung oder der Aufbruch in die Deindustrialisierung?

Die Monate im Anschluss an die Pandemie waren für die deutsche Industrie von einer besonders starken Nachfrage geprägt. Nicht nur die Auftragseingänge stiegen sprunghaft an. Auch der Auftragsbestand erhöhte sich kontinuierlich, weil viele der Aufträge aufgrund von fehlenden Vorprodukten und Rohstoffen nicht zeitnah abgearbeitet werden konnten.

In der Zwischenzeit hat sich das Bild gewandelt, denn die Inflation bestimmt das Bild. Sie lässt den Verbrauchern immer weniger Spielraum, was auch bei der Industrie dazu führt, dass weniger produziert wird. So schlägt sich die geschwächte Nachfrage sehr schnell auch in einer deutlich geringeren Investitionsneigung nieder.

Im September verbuchte die deutsche Industrie deshalb nur noch einen Auftragseingang, der um 4,0 Prozent unter dem Niveau vom August lag. Im Vergleich zum September 2021 ging das Volumen der neuen Aufträge sogar um fast elf Prozent zurück. Solche Werte schmerzen, obwohl der Rückgang von einem sehr hohen Niveau aus erfolgte und jedem im Vorfeld klar war, dass der paradiesische Zustand der Nach-Coronazeit nicht ewig anhalten würde.

Die Sorgen sind durchaus berechtigt

Der September setzte damit nahtlos eine Entwicklung fort, die bereits den Juli und den August gekennzeichnet hatte. Nun wird in vielen Betrieben darüber gerätselt, ob nur die Nachholeffekte im Zuge der Corona-Pandemie beendet sind oder schon bereits die Deindustrialisierung Deutschlands begonnen hat.

Gute Argumente finden sich für beide Annahmen. Doch da die Auftragseingänge derzeit lediglich wieder auf das Niveau von der Corona-Krise zurückgekommen sind, scheint die deutsche Industriewelt noch in Ordnung zu sein. Allerdings zeichnen sich mit den hohen Energiepreisen und der schwindenden Kaufkraft der Endverbraucher bereits weitere dunkle Wolken am Horizont ab.

Kritisch zu werten ist an dieser Stelle auch, dass das überraschend starke Wachstum von 0,3 Prozent im dritten Quartal vor allem den Käufen der Endverbraucher zu verdanken war. Sollte es sich bei diesen Käufen nicht um einen neuen Trend, sondern nur um vorgezogene Käufe handeln, die vor allem mit Blick auf die erwartete zukünftige Inflation getätigt worden sind, könnte es schnell wieder dunkel werden.