Hier kündigt sich der nächste Inflationsschub an

Die Inflation sei nur vorübergehend und man werde durch sie hindurchsehen, wurden die Notenbanken noch vor einem Jahr nicht müde zu beteuern. Jetzt gibt man zwar zähneknirschend zu, dass die Teuerung doch höher ist und länger zu bleiben scheint als man es zunächst angenommen habe, doch für die kommenden Jahre wird noch immer ein deutlicher Rückgang der Inflationserwartungen prognostiziert.

Offenbar kann nicht sein, was nicht sein darf, denn die Indizien weisen in eine ganz andere Richtung. Zwei Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes von dieser Woche machen das deutlich. Die Erste wurde am Montag publiziert und betrifft den Verdienst der Bevölkerung. Dieser stieg im ersten Quartal 2022 im Durchschnitt um 4,0 Prozent.

Das klingt im ersten Moment gut, ist es aber nicht, denn die Inflation lag gleichzeitig bei hohen 5,8 Prozent. Unter dem Strich blieb für die Deutschen damit ein realer Rückgang des Einkommens von 1,8 Prozent. Oder anders formuliert: Von 100 Euro Kaufkraft, die im vergangen Jahr noch vorhanden waren, bleiben den Deutschen in diesem Jahr nur noch 98,20 Euro.

Die Tarifabschlüsse im Herbst werden die Richtung weisen

Nun ist die spannende Frage die, wie die Deutschen mit diesem Verlust umgehen werden. Eine Möglichkeit wäre, ihn vollkommen zu ignorieren und einfach so zu tun, als wäre nichts geschehen. Ein solches Verhalten scheinen die Zentralbanken der Bevölkerung zu unterstellen, denn wenn davon ausgegangen wird, dass die Inflation im nächsten Jahr wieder deutlich sinkt, können gleichzeitig die Löhne und Gehälter nicht stark angehoben werden.

Fordern die Deutschen von ihren Arbeitgebern hingegen einen Lohnausgleich, dann muss dieser mindestens Tarifabschlüsse auf Höhe des aktuellen Inflationsniveaus vorsehen. Dieses liegt nach einer zweiten Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts von dieser Woche nun aber bereits bei 7,9 Prozent.

Tarifabschlüsse, die unterhalb dieses Werts liegen, bedeuten damit wie im ersten Quartal einen weiteren zusätzlichen Reallohnverlust, wodurch die Kaufkraft nochmals geschwächt werden wird. Wird dieser hingegen bei den im Herbst anstehenden Tarifverhandlungen auch nur annähernd vermieden, ist auch im kommenden Jahr eine deutlich höhere Inflation zu erwarten als die Modelle der Europäischen Zentralbank diese immer noch erwarten.