Da die Masse der Weltbevölkerung nicht an den Küsten, sondern im Landesinneren wohnt, liegt ihr Fokus meist nicht auf dem Meer. Was draußen auf See geschieht, ist deshalb oft nur wenigen Zeitgenossen bekannt. Dies ist zwar verständlich, verdeckt aber den Blick auf wichtige Fragen rund um die Seefahrt, die immer wieder zur Klärung anstehen.
Aktuell steht eine Überarbeitung des UN-Abkommens zu den CO2-Emissionen der Seeschifffahrt im Fokus. Sie wird von führenden Reedereien mit Nachdruck eingefordert. Sie wehren sich gegen das von der UNO vorgeschlagene Netto-Null-Rahmenwerk und warnen, dass die neuen Regelungen zu Kostensteigerungen und Marktverzerrungen führen könnte, ohne dass es gleichzeitig zu einer tatsächlichen Reduzierung der CO2-Emissionen kommt.
Der Konflikt hat längst die politische Ebene erreicht und die Vereinigten Staaten drohen bereits mit Vergeltungsmaßnahmen drohen, sollte das Abkommen von der UNO unverändert verabschiedet werden. Damit steigt das Risiko für zahlreiche Akteure im internationalen Handel deutlich an. Aber auch die privaten Konsumenten und Investoren sind betroffen, denn ein durch die Emissionskosten verteuerter Welthandel wird über die allgemeine Inflation schnell auch auf die Preise der meisten Produkte und Dienstleistungen negativ auswirken.
Die Regulierung der Schifffahrt mutiert zu einem geopolitischen Minenfeld
Betroffen sind damit nicht nur Reedereien, Hafenbetreiber und internationale Speditionen, sondern letztlich wir alle. Sollte sich die Einführung des Rahmenwerks verzögern oder dieses gar scheitern, ist mit einer langsameren Einführung grüner Schifffahrtstechnologien und einer höheren Volatilität der Preise zu rechnen. Betroffen sind dabei einerseits die Preise für die Seetransportkosten aber auch die Kosten für Emissionszertifikate auf den Märkten für Schifffahrtskraftstoffe.
Weltweit agierende große Fracht- und Logistikunternehmen wie Mærsk, Hapag-Lloyd und COSCO könnten mit einer zunehmenden Unsicherheit hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften zu kämpfen haben, während im Gegenzug Luftfrachtunternehmen von einer stärkeren Nachfrage profitieren könnten.
Die Regulierung der Schifffahrt wird damit zu einem geopolitischen Minenfeld. Als Investor sollten Sie auf die Auswirkungen auf die globalen Inflationsprognosen achten, falls unter den künftigen Rahmenbedingungen die Seetransportkosten steigen sollten. Beachtet und in die eigenen Strategien mit eingebunden werden sollten allerdings auch die politischen Risiken, denn ein anhaltender internationaler Streit um das Kohlendioxid und seine Bepreisung könnte wie der Zollkonflikt im Frühjahr zu sehr negativen Marktreaktionen führen.