Das anhaltende Unbehagen der Bürger mit der Politik sollte den Politikern zu denken geben

Vertrauen ist schwer aufgebaut und kann sehr leicht verspielt werden. Dies gilt nicht nur für den privaten Bereich, sondern selbstverständlich auch für den öffentlichen. An dieser Stelle ist es zumindest alarmierend, dass sich immer mehr Deutsche von der Bundesregierung nicht mehr vertreten wähnen.

Hier klafft eine Lücke zwischen Politik und Bürger, die in den vergangenen Jahren nicht etwa verkleinert, sondern zunehmend vergrößert wurde. Begünstigt wird diese im Sinne der Demokratie nicht wünschenswerte Entwicklung durch die Art und Weise, wie man in Deutschland in der Politik Karriere machen kann.

Dies gelingt nur, wenn man sich innerhalb eines Parteienapparats langsam aber zielstrebig nach oben kämpft. Der Einstieg in die Berufspolitik wird deshalb immer früher vollzogen und jene Politiker, die ihn beschreiten, kennen die Funktionsweisen ihrer Partei nach kurzer Zeit bestens, laufen aber Gefahr, den Bezug zum normalen gesellschaftlichen Leben mit der Zeit zu verlieren.

Moral und Gesinnung können eine nüchterne Sachdiskussion nicht ersetzen

Wünschenswert wären an dieser Stelle mehr Politiker, die auch außerhalb der Politik gezeigt haben, dass sie etwas bewirken und Veränderungsprozesse kompetent begleiten können. In der aktuellen Parteienlandschaft sind diese Damen und Herrn jedoch eher selten zu finden.

Ein zweiter Punkt, der die Entfremdung von Politik und Bürger beschleunigt, ist die seit den 1980er Jahren immer stärker aufkommende Neigung zum moralisierenden Ton. Über eine ausgeprägte Moral und Ethik zu verfügen, ist gewiss von Vorteil. Zum Nachteil wandelt sich dieser jedoch, wenn daraus der Anspruch abgeleitet wird, notwendige und zugleich auch mühsame und zeitintensive Sachdiskussionen nicht führen zu müssen, weil man selbst ohnehin in der moralisch überlegenen Position sei.

In die gleiche Richtung weisen Denk- und Sprechverbote, die indirekt erlassen und im öffentlichen Raum durchgesetzt werden, indem unliebsame Gegenmeinungen sogleich mit einem politischen Etikett überzogen werden, das niemand für sich wünscht. Nicht jeder, der sich fragt, ob die Sanktionen gegen Russland uns selbst nicht mehr schaden als nutzen, ist ein Putinfreund und glühender Befürworter des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Solange Missstände wie diese nicht abgelegt und aus der Welt geschafft werden können, wird es die Demokratie in Deutschland weiterhin schwer haben.