Ungewöhnlich offene Kritik aus den eigenen Reihen sorgt derzeit für Unruhe in der Christlich Demokratische Union. Die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig hat mit scharfen Worten eine Abrechnung mit der aktuellen schwarz-roten Bundesregierung vorgelegt – und dabei nicht nur den Koalitionspartner ins Visier genommen, sondern vor allem den eigenen Parteichef und Bundeskanzler Friedrich Merz. Dass eine CDU-Politikerin derart offen mit der eigenen Führung ins Gericht geht, ist selten – und politisch brisant.
Gebrochene Versprechen und schwindendes Vertrauen
Im Zentrum von Ludwigs Kritik steht der Umgang der Regierung mit der Schuldenpolitik. Was im Wahlkampf als unumstößliches Prinzip verkauft wurde, sei nach der Wahl binnen kürzester Zeit kassiert worden. Die Abgeordnete stellt infrage, wie glaubwürdig eine Politik sein könne, die noch vor dem Urnengang Stabilität und Haushaltsdisziplin predigt, um kurz darauf eine massive Neuverschuldung einzuleiten. Für viele konservative Wähler, die auf einen klaren Kurswechsel gehofft hatten, sei dies ein herber Vertrauensbruch gewesen.
Kritik an Koalitionsdisziplin und Führungsstil
Besonders deutlich wird Ludwig auch gegenüber der SPD-geführten Arbeitsmarktpolitik. Sie wirft der zuständigen Ministerin vor, mit ihren Vorhaben gezielt den Mittelstand zu belasten und wirtschaftliche Grundlagen zu gefährden. Noch schärfer fällt jedoch ihr indirekter Vorwurf an den Kanzler aus: Ein Regierungschef, der solche Entwicklungen dulde, verliere an Autorität und Durchsetzungskraft. Frühere Kanzlergenerationen hätten, so ihr unausgesprochener Vergleich, anders gehandelt.
Ludwig vermeidet zwar offene persönliche Angriffe, greift aber zu deutlichen historischen Bildern. Jeder Kanzler müsse sich entscheiden, ob er gestaltend führen oder sich treiben lassen wolle. Der Vergleich mit schwächeren Amtsvorgängern ist dabei unübersehbar und dürfte in der Parteizentrale für Nervosität sorgen.
Ihre Kritik spiegelt eine Stimmung wider, die längst nicht mehr auf einzelne Abgeordnete beschränkt ist. Viele traditionelle Unionswähler fühlen sich politisch heimatlos und zweifeln daran, ob die Große Koalition ihren Anspruch erfüllen kann. Angesichts steigender Schulden, wirtschaftlicher Probleme und wachsender gesellschaftlicher Spannungen wächst der Zweifel, ob diese Regierung ihre Amtszeit unbeschadet übersteht.
Saskia Ludwig steht damit für einen Flügel der CDU, der sich nicht länger mit stiller Loyalität zufriedengeben will. Ob ihre offenen Worte innerparteiliche Konsequenzen haben oder eine breitere Debatte auslösen, bleibt offen. Sicher ist nur: Die Risse innerhalb der Union werden tiefer – und sie lassen sich nicht mehr überdecken.