Die Euphorie um Künstliche Intelligenz hat längst auch die Finanzmärkte erfasst. Milliarden fließen in Projekte, Forschungszentren und Rechenzentren, die angeblich den nächsten Technologiesprung ermöglichen sollen. Doch hinter der glänzenden Fassade wächst ein Problem, das Finanzexperten zunehmend alarmiert: eine rasant wachsende Verschuldung im KI-Sektor, die das Potenzial hat, die globale Stabilität zu gefährden.
Die Bank of England warnt vor einer Schuldenblase, die sich aus einem riskanten Zusammenspiel von Technologiehunger, spekulativer Finanzierung und blindem Vertrauen in künftige Gewinne speist. Große Konzerne, aber auch zahlreiche Start-ups, nehmen Kredite in Milliardenhöhe auf, um den Wettlauf um Rechenleistung, Daten und Marktanteile zu finanzieren. Dabei greifen sie immer häufiger zu Anleihen mit hohem Risiko, die nur durch optimistische Zukunftsprognosen gestützt werden.
Schulden und KI – unheilvoll!
Ein Blick auf den Markt zeigt, wie eng sich Technologie und Schulden inzwischen verflechten. Unternehmen wie Oracle, Nvidia oder kleinere KI-Anbieter finanzieren Expansionspläne über sogenannte Junk Bonds, also hochverzinsliche, aber unsichere Anleihen. Käufer dieser Papiere hoffen auf schnelle Gewinne, doch sie setzen auf ein System, das nur funktioniert, solange die Erwartungen erfüllt werden. Schon kleine Rückschläge bei Umsatz oder Technologieentwicklung könnten ausreichen, um Kettenreaktionen an den Märkten auszulösen.
Besonders kritisch bewerten Fachleute die zugrunde liegenden Bewertungsmodelle. Viele Finanzierungen basieren auf Annahmen, dass KI innerhalb weniger Jahre massive Produktivitätssteigerungen bringt. Doch bisher fehlen belastbare Belege dafür, dass diese Effekte in der Breite eintreten. Sollte das Wachstum langsamer verlaufen als geplant, drohen gewaltige Verluste – nicht nur für Investoren, sondern auch für Banken und Fonds, die diese Anleihen in ihren Portfolios halten.
Die Erinnerung an die Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende liegt nahe. Damals trieben überzogene Erwartungen an das Internet die Kurse von Technologiefirmen in schwindelerregende Höhen, bevor sie spektakulär zusammenbrachen. Heute geht es jedoch nicht nur um Aktienbewertungen, sondern um Verschuldung auf Systemebene. Die Summen, die derzeit in die KI-Industrie fließen, übertreffen jene der späten 1990er Jahre um ein Vielfaches.
Hinzu kommt eine riskante Marktstruktur. Investoren, die früher vorsichtiger agierten, drängen nun in den KI-Bereich, um nicht den Anschluss zu verlieren. Fonds, Versicherungen und Pensionskassen kaufen in großem Stil riskante Unternehmensanleihen, während Banken die Kreditvergabe lockern, um am Boom teilzuhaben. Die Bank of England spricht von einem „Finanzierungs-Karussell“, das sich immer schneller dreht – getrieben von Erwartungen, die möglicherweise unerfüllbar sind.
Auch geopolitische Spannungen verstärken den Druck. Der Wettlauf zwischen den USA, China und Europa um technologische Vorherrschaft führt zu einem massiven Investitionsschub, der oft politisch gewollt, aber ökonomisch fragwürdig ist. Staaten fördern KI-Projekte, um strategisch aufzuholen, ohne die langfristigen Finanzrisiken ausreichend zu berücksichtigen.
In den Warnungen der Notenbank klingt eine deutliche Botschaft mit: Die gegenwärtige Begeisterung für Künstliche Intelligenz darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Innovation auf Schuldenbasis ein gefährliches Fundament hat. Die Verquickung von Technologiehype und Kreditfinanzierung erinnert an jene Mechanismen, die in der Vergangenheit mehrfach in Krisen mündeten – von der Subprime-Krise 2008 bis zur Dotcom-Euphorie ein Jahrzehnt zuvor.
Ob sich das aktuelle KI-Wunder als nachhaltige Revolution oder als riskante Spekulationswelle erweist, hängt davon ab, ob Märkte und Politik rechtzeitig die Bremse ziehen. Die Bank of England macht deutlich, dass die Zeichen auf Risiko stehen – und dass aus Vision schnell Übertreibung werden kann, wenn die Schulden schneller wachsen als die tatsächlichen Erträge.