Das Gefühl von Sicherheit, das in Deutschland jahrzehntelang selbstverständlich war, ist verschwunden. Angriffe auf Netze, Sabotageversuche an Energieanlagen und gezielte Desinformationskampagnen zeigen: Die Bundesrepublik steht längst im Fadenkreuz hybrider Bedrohungen. Dennoch hält die Regierung unbeirrt an der Formel von der „Zeitenwende“ fest, während die Realität eine ganz andere Sprache spricht.
Schwachstellen im Schutzsystem
Wie schlecht das Land tatsächlich auf Krisen vorbereitet ist, zeigt die Einschätzung von Ferdinand Gehringer, Sicherheitsexperte der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er bewertet Deutschlands Fähigkeit zur Krisenbewältigung mit gerade einmal vier bis fünf Punkten auf einer Skala von zehn. Besonders dramatisch ist die Lage im zivilen Bevölkerungsschutz. Die entsprechenden Gesetze stammen noch aus den 1980er-Jahren und wurden seitdem kaum modernisiert. Das bedeutet: Strukturen, die einst für den Kalten Krieg geschaffen wurden, sollen heute komplexe Cyber- und Energiekrisen abfangen – ein Unterfangen, das kaum funktionieren kann.
Fehlentscheidungen mit Langzeitwirkung
Ein Kernproblem liegt in der Privatisierung zentraler Versorgungsbereiche wie Energie, Telekommunikation und Logistik. Jahrzehntelang galt das als Effizienzgewinn. Heute zeigt sich, dass dieser Kurs im Krisenfall gefährliche Lücken hinterlässt. Unklar ist, wer im Notfall die Verantwortung trägt – der Staat, die Betreiber oder private Dienstleister.
Im Ernstfall könnte genau diese Unübersichtlichkeit fatale Folgen haben. Wenn Stromnetze oder Datendienste ausfallen, droht ein Dominoeffekt: Krankenhäuser, Wasserwerke und Verkehrssysteme geraten schnell an ihre Grenzen. Experten fordern deshalb einen klaren rechtlichen Rahmen, der festlegt, welche Ressourcen im Krisenfall priorisiert werden.
Ein Land im Aufwachprozess
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Verwundbarkeit westlicher Gesellschaften deutlich gemacht. Auch in Deutschland wächst das Bewusstsein, dass Sicherheit weit mehr bedeutet als militärische Abschreckung. Cyberabwehr, Notfallplanung und robuste Infrastruktur müssen zusammengedacht werden – und zwar dringend.